Alles nur heiße Luft? Zum Umgang mit BVerfG zu Videomessungen

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.09.2009

Nun ist die Entscheidung des BVerfG (Beschluss vom 11.8.2009 - 2 BvR 941/08) zu den Videoabstandmessungen "einen Monat alt". Mit zunehmender Zeit scheint sie mir immer weniger das zu sein, als dass ich sie anfangs bezeichnet habe. Sie ist nämlich vielleicht doch keine Sensation. Die dem BVerfG in dem angefochtenen Urteil des AG und dem Beschluss des OLG fehlenden Ermächtigungsgrundlagen dürften nämlich - hierauf haben Blogleser hingewiesen -

  • § 161 163b Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 46 OWiG (die auf jeden Fall für Frontfotos ausreicht)
  • § 100h Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 OWiG (hier ist nach der Kommentierung in Meyer-Goßner neben Fotos gerade auch die Film- und Videoüberwachung gemeint)

sein. Beide Normen sind laut Seitz in Göhler, OWiG, 15. Aufl. 2009 im OWiR anwendbar. Wichtig ist es allerdings, dass die Ermächtigungsgrundlage sich im Urteil wiederfindet. Richtern ist also zu empfehlen, die entsprechenden Vorschriften ins Urteil ausdrücklich aufzunehmen.

War`s das also?

Natürlich ist immer noch nicht klar, warum das BVerfG diese Vorschriften nicht erwähnt. Vielleicht handelte es sich doch nur um eine Einzelfallentscheidung...

 

 

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7 Kommentare

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Bei diesen Rechtsgrundlagen hätte ich doch Bedenken:

§ 161 b StPO existiert nicht - gemeint ist wohl § 163 b?.

§ 100 h StPO und OWiG halte ich für kaum miteinander vereinbar, da § 100 h StPO ersichtlich andere "Kunden" meint.

Das Problem liegt hier doch wohl auch mehr in der anlasslosen Herumfilmerei und deren anschließender Auswertung.

 

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Na jja, § 163b, 100h StPO meinen m.E. wohl andere Fälle, aobwohl sie als Ermächtigungsgrundlage teilweise herangezogen werden, aber das ist doch auch gar nicht das Problem der Entscheidung des BVerfG. Es ging um eine verdachtsunabhängige Videoüberwachung, bei der sonstigen/konkreten Geschwindigkeitsüberwachung wird ja erst ausgelöst, wenn die an der betreffenden Stelle einzuhaltende Geschwindigkeit überschritten ist. Hier ist aber gefilmt worden - anlasslos - und den Film hat man ausgewertet. Wenn man § 100h anwendet, dann bitte aber auch § 101 StPO (viel Spaß an die Bußgeldbehörden), und: Bitte unterscheiden zwsichen "Betroffene" und "andere Personen".

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Guten Tag Herr Burhoff,

danke für den Hinweis auf § 101 StPO. Aber ein Verstoß hiergegen berührt nicht das "Hauptverfahren", oder sehe ich das falsch?

 

Mir liegt hier ein Schreiben eines Landkreises vor, der sich auf § 46 II OWiG i.V.m. § 100 h I Nr. 1 StPO § 100h III StPO stützt.

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hallo, das dürften Sie richtig sehen. Allerdings habe ich mit dem § 100h so meine Problem. Der ist ja wohl für andere Fälle gestrickt - Observationen. Dass man jetzt darauf verweist, zeigt die Unsicherheit bei der Frage nach der Ermächtigungsgrundlage. Aber wir werden sicherlich bald eine Entscheidung des OLG Bamberg bekommen: vgl. http://blog.strafrecht-online.de/2009/09/videomessung-demnaechst-neues-auf-bamberg-zu-frueh-gefreut/.

Im Übrigen: Die Diskussion erinnert mich jetzt ein wenig an die zur Blutentnahme und das Beweisverwertungsverbot beim Richtervorbehalt (§ 81a Abs. 2 StPO). Um den hat sich auch niemand geschert. Nachdem das BVerfG dann darauf hingewiesen hat, ist auf einmal Hektik angesagt, die dann darin gipfelt, dass man die Vorschrift gleich am besten abschafft. So auch hier: Um die Ermächtigungsgrundlagen macht man sich erst mal nicht groß Gedanken. Dann meckert das BVerfG und dann geht es los. Die Verwaltungsbehörden übersehen aber z.B. den § 101 StPO. Ich sehe insoweit keine Ausnahmen. Wenn man den § 100h StPO schon bemüht, dann bitte aber auch mit allen Konsequenzen, wie z.B. Benachrichtigung und Rechtmittel. Die Amtsgerichte werden sich freuen.

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Liebe Betreiber,

 

wer hat hier eigentlich den Begriff "Experte" kreiert. Ist es nicht Zeit, darüber nachzudenken, ob es nicht angebracht wäre, diesen begriff zu ersetzen?

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Werner Siebers

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