Übertriebener Datenschutz bei Antidiskriminierungsklagen nach dem AGG?

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 17.08.2009

FAZ.net (http://faz-community.faz.net/blogs/wort/archive/2009/08/16/datenschuetzer-erleichtern-klagemissbrauch.aspx) enthält eine ziemlich harsche Kritik: Datenschutz sei "manchmal eben doch" Täterschutz: Datenschutzbehörden hätten jetzt dafür gesorgt, dass die bundesweit einzige Auskunftsstelle über den Missbrauch mit Antidiskriminierungsklagen schließen müsse- Für Arbeitgeber, so der Autor, brächen damit schwere Zeiten an: Wegen der teilweisen Umkehr der Beweislast seien sie manchen unberechtigten Vorwürfen schutzlos ausgeliefert.

Die Forderungen der Datenschützer seien grotesk. Die „hochsensiblen Daten" müssten, wenn sie per E-Mail übermittelt werden, technisch verschlüsselt werden. Dabei handelte es sich schlicht um Name und Anschrift von Klägern wegen angeblicher Benachteiligung im Berufsleben.  Die Schließung des Archivs schließe dürfte missbräuchlicher Antidiskrimierungsklagen einen neuen Aufschwung geben, meint der Autor.

Wie sieht das die Beck-Community? Ist eine AGG-Datenbank zum zu Schutz gegen mißbräuchliche Klagen zu befürworten?

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6 Kommentare

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Eine solche Datenbank wäre sicher sinnvoll. Allerdings sollte es auch mit der Aufgabe des Prinzips eingehen, die Parteien zu einem Rechtsstreit hätten Anspruch auf Anonymität. Gerichtsprozesse finden absichtlich in der Öffentlichkeit statt, nicht nur zur Kontrolle der Richter sondern auch der Parteien. Entsprechend sind auch Informationen zu der Identität der Parteien und sämtliche Dokumente zu einzelnen Prozessen im Regelfall zu veröffentlichen und die Nutzung dieser öffentlichen Daten durch jedermann zu erlauben. Es ist bezeichnend, dass mal wieder die Vereinigten Staaten das Vorbild geben, was Transparenz und Offenheit innerhalb der Zivilgesellschaft bedeutet.

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Ich frage mich, warum man solch eine wichtige Frage nicht einfach einmal aussitzt und notfalls ausstreitet. In der Rechtswirklichkeit ist es leider so: Die Datenschutzbehörden stellen überzogene Forderungen, man einigt sich nicht und die Unternehmen knicken aus Angst vor negativer Publicity, die die Datenschutzbehörden mit der vermeintlichen Autorität ihres Amtes schüren, ein. Warum lässt man sich nicht einmal von einem Gericht bescheinigen, dass man im Recht ist? Hier habe ich eigentlich keine Zweifel, dass nach §§ 28, 29 BDSG die Datenverarbeitung zulässig ausgestaltet werden kann.

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Danke für den Hinweis. Es ist zwar richtig, das bei uns in den USA hier die Gerichtsurteile ganz (oder zumindest in Teilen) öffentlich zugänglich sind, aber einenationale Datenbank für Diskriminierungsklagen gibt es meines Wissens nicht. Die auf diese Fragen spezialisierten Anwälte prüfen allerdings routinemäßig für ihren Gerichtsbezirk, ob der Kläger bekannt ist. Viele Verfahren in diesem Bereich laufen über Mediation oder Schiedsgerichte, so daß eh nicht alle Verfahren erfaßt sind. 

Jetzt so mal als Laie.

Ist eigentlich dieser gezielte Missbrauch des AGG keine Form von Betrug? Wer bei der Datenbank nachfragt, der kann dann doch genauso gut zum Staatsanwalt gehen und der fragt dann entsprechend die Gerichte ab.

Käme dann doch im Ergebnis auf dasselbe hinaus.

Wobei mir jetzt nicht klar ist, ob dies Abfrage technisch und rechtlich möglich ist.

Dieser Weg hätte vieleicht auch eine abschreckendere Wirkung.

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Staatsanwalt nur, wenn auch eine Anzeige vorliegt. In der Datenbank waren ja auch erfolgreiche Hopper gespeichert, bei denen dann auch die Anzeige wenig Erfolg gehabt haben wird.

Aber wird es dann nicht auch sinnvoll, auf die Klage des potentiellen Hoppers gleich mit der Anzeige zu reagieren und noch vor dem arbeitsgerichtlichen Verfahren die Ermittlungsakte einzusehen, vielleicht stehen da da ja Hinweise drin?

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Die hier im Zusammenhang mit dem beklagten "übertriebenen Datenschutz" vermisste
"Nationale Datenbank" gegen Diskriminierungskläger hat es bereits gegeben.

Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Schwarze Liste "AGG-Archiv" der Bundes-
vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ihre Tätigkeit - wahrschein-
lich - bereits Anfang August 2009 eingestellt. Bei den aktiven 6500 speichernden
Stellen kann man von einer "Nationalen Datenbank" sprechen und wenn dort auch
schon mal von "durch die Lande vagabundieren" Diskriminierungsklägern die Rede war, scheint die BDA sich bei ihrem "Archiv" zumindest sprachlich an historischen
Vorbildern wie der "Zigeunerkartei" der 1950er Jahre orieniert zu haben.
Wie groß muss die Datenkrake eigentlich sein, damit sie gesehen wird?

Es ist nicht vorstellbar, dass die BDA mit der Auflösung ihres "Archives" einem
drohenden Verbot der Datenspeicherung zuvorkommen wollte.
Warum das "Archiv" allerdings trotzdem so still und heimlich geschlossen wurde, wird
die Öffentlichkeit voraussichtlich nie erfahren, denn es ist nicht davon auszugehen, dass die Auflösung der Schwarzen Liste BDA im Datenschutzbericht 2009 erwähnt
wird (wg. übertriebener Informationspflicht) oder die Medien es sich gar keck heraus-
nehmen würden, nach den Gründen zu fragen (wg. übertriebener Pressefreiheit),
wenn sie nicht Gunst und Anzeigenkunden verlieren wollen. Es ist ja nicht so, dass
niemand spontan verstehen würde, was es für die berufliche Zukunft bedeutet, auf einer Schwarzen Liste der BDA zu stehen.
Auch die sonst so redseligen Hofprediger gegen das AGG und die üblichen willigen
Reaktionäre werden sich brav einen Kommentar verkneifen, weil die Staat und
Gesellschaft zunehmend dominierende BDA offensichtlich Stillschweigen geordert hat,
um vermutlich die aktuell anstehenden Kampagnen gegen den Kündigungsschutz
u. ä. nicht zu gefährden, wenn sich die Aufmerksamkeit vielleicht doch noch auf ihre 
Datensammlungen im Zusammenhang mit der Krawallkampagne gegen das AGG richten sollte 

Schade eigentlich, dass Prof. Adomeit diesmal nicht "Gegen den Strich" kommentieren darf, weil er natürlich auch auf Linie zu bleiben hat. Da er dem
EuGH schon mal deutlich erklären lassen wollte, wer denn der größte Beitrags-
zahler in der EU ist und was "wir" als Gegenleistung dafür erwarten können
(jedenfalls keine übertriebene Gewaltenteilung) und dann auch noch ausgerechnet
die Antidiskriminierungsstelle des Bundes als neuen "Wohlfahrtsausschuss"
phantasierte, obwohl Frau Dr. Köppen durchweg mit nichts anderem beschäftigt ist,
als fortlaufend zu beweisen, dass sie eben nicht die "Unbestechliche" (Robespierre)
ist, sollte man dem Bürger Adomeit jetzt eigentlich nicht mit preußischer Strenge
verwehren, die durch demokratische Übertreibungen bedrohte deutsche Schlaf-
gegen die welsche Jakobinermütze mit der ihm eigenen Pickelhaubenprosa zu
verteidigen. 
Schade auch, dass man jetzt noch nicht erfährt, wie lange die FDP braucht, um ihr
Bürgerrechtsmandat niederzulegen, wenn die BDA gerade andere Prioritäten setzt.

Die Diskriminierungsopfer dürfen allerdings nicht naiv denken, sie könnten zukünftig
ohne Schaden für ihre berufliche Zukunft ihr Recht verteidigen, nur weil die "Archive"
nicht mehr öffentlich sichtbar sind.

Wie es in den USA bereits pragmatisch auf den Punkt gebracht wird, es gilt:
Den Kapitalismus vor den Kapitalisten schützen!

 

Für die sofortige Entlassung von Frau Dr. Köppen!

 

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