Michael Jacksons Tod war "fast sicher" Mord

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 24.07.2009

Der Fall Michael Jackson wird immer brisanter: Unter Berufung auf den gut informierten Internet-Dienst "TMZ.com"  berichtet T-online, dass sich die Strafverfolgungsbehörden "fast sicher" seien, der King of Pop wurde ermordet (Video). Der Gerichtsmediziner will die Autopsieberichte zwar erst in der nächsten Woche veröffentlichen, wie jedoch jetzt schon nach außen gedrungen sei, seien "klare Beweise" dafür gefunden worden, das Todesursachen wie natürlicher Tod, versehentliche Überdosis oder Selbstmord ausgeschlossen werden können. 

Vermutet werde, dass Jackson an Medikamenten gestorben sei, die ihm sein Arzt Dr. Conrad Murray kurz vor seinem Tod verabreicht habe. Dabei soll es sich um das starke Betäubungsmittel Propofol handeln. Dr. Murray sei zum Zeitpunkt des Todes bei Jackson gewesen und habe versucht ihn wiederzubeleben, nachdem es zu einem Herzstillstand gekommen sei.

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26 Kommentare

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Das passt doch etwas hinten und vorne nicht.

Mord= Vorsätzliche Tötung

Vermutet werde, dass Jackson an Medikamenten gestorben sei, die ihm sein Arzt Dr. Conrad Murray kurz vor seinem Tod verabreicht habe

Aha, demnach kommt nur der Arzt als Mörder in Frage.

Dr. Murray sei zum Zeitpunkt des Todes bei Jackson gewesen und habe versucht ihn wiederzubeleben, nachdem es zu einem Herzstillstand gekommen sei.

Wie passt das zu einer vorsätzlichen Tötung (s. oben)? Und warum merken Sie einen solchen Widerspruch nicht beim Schreiben?

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Sehr geehrter Herr von Heintschel-Heinegg,

ich bin fast sicher, dass es sich bei der Nachricht um einen Übertragungsfehler aus dem amerikanischen Recht handelt. Bei den Ermittlungen gegen den Arzt Jacksons geht es um "manslaughter". Die Übersetzung mit "Mord" oder "Totschlag" ist unvollkommen, da "manslaughter" in den USA auch die fahrlässige Tötung einbezieht (anders wohl in GB). Die Übertreibungen sind üblich bei einem Boulevard-Mediendienst wie tmz.com.

Ich gehe davon aus, dass gegen Dr. Murray wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird, was bei den Umständen, die hier geschildert wurden, auch in Deutschland selbstverständlich wäre.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

Die gängigen Übersetzungsprogramme im Netz bieten für fahrlässige Tötung verschiedene Übersetzungen an:
  • involuntary homicide
  • (involuntary) manslaughter
  • manslaughter through culpable negligence
  • murder by negligence

Ein seit Jahren anscheinend Schmerzmittel- und Medikamentenabhängiger stirbt an einer Überdosis. Der Arzt, oder Ärzte besorgen ihm das Zeug und werden wohl auch gut dran verdient haben. Jeder kleiner Dorfsheriff aus Buxtehude würde sich als erstes fragen: Wo ist das Motiv? Ich schlachte doch nicht die Kuh die ich melke, oder? Meine lieben Herrn Experten, wie kann man auf so einen Stuss, und nichts anderes ist das hier, einsteigen?

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@ Der_Rufer_in_der_Wüste

Als ich gestern auf die Meldung gestoßen bin, wollte ich sie dem Beck Blog nicht vorenthalten. Ganz bewusst habe ich ohne irgendeine Wertung nur über das berichtet, worauf ich auch verlinkt habe. Der Videobeitrag ist in seiner Diktion zwar etwas zurückhaltender als die Meldung von T-online, beginnt aber auch mit der Mordhypothese.

Als widersprüchlich erschien und erscheint mir die angesprochene Passage keineswegs: Gerade wenn vorsätzlich eine Überdosis verabreicht wurde (die Frage lässt die Meldung offen, aber nur so gibt die Meldung "´fast sicher´Mord" aus meiner Sicht einen Sinn), ist der Wiederbelebungsversuch zur Vertuschung der Tat aus der Tätersicht gleichsam zwingend. Da mag (aus Tätersicht) mit der fahrlässigen Tötung ein ärztlicher Kunstfehler im Raum stehen, aber doch kein vorsätzliches Tötungsdelikt mit ganz anderem Strafrahmen.

Sollte sich nicht nur eine geringfügige, sondern eine massive (für eine vorsätzliche Tötung sprechende) Überdosierung herausstellen, dann bin ich auf das Motiv gespannt.

Möglicherweise liegt aber nur ein Übertragungsfehler vor. Deshalb vielen Dank für die Hinweise auf den englischen Sprachgebrauch!

@thorsten:
Herr v. Heintschel-Heinegg hat ja bereits erläutert, warum er die Nachricht, so wie sie zunächst veröffentlicht wurde (inzwischen hat t-online die Überschrift auf "Totschlag" geändert), hier eingefügt hat. Die meisten Quellen in den USA gehen nicht von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt aus, und Sie haben Recht - auf den ersten Blick fehlt auch ein Motiv des Arztes dafür. Allerdings handelt es sich bei Propofol (das Jackson offenbar vor dem Tod verabreicht wurde und in größeren Mengen in der Wohnung Jacksons gefunden wurde) nicht um ein übliches Rauschmittel oder Schmerzmittel, sondern um ein Hypnotikum, meist zur Einleitung einer Anästhesie gebraucht. Eine Fahrlässigkeit des Arztes liegt wohl nahe. Möglicherweise kommen ja noch weitere Tatsachen ans Licht.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller

P.S.: Jetzt übersetzt t-online  (link) die Nachricht mit "Verbrechen". (also erst war es fast sicher "Mord", dann "Totschlag", jetzt "Verbrechen" - wäre nicht ein tragisches Ereignis der Hintergrund, würde ich vermuten, dass t-online morgen schreibt, es handele sich "fast sicher" um eine Ordnungswidrigkeit.

Lieber Herr Müller,

durch Ihr PS ist mir erst klar geworden, wie T-online ihre Meldungen "abstuft", ohne dass dies ersichtlich wird und auch in ursprünglicher Link nichts hilft. Ich hatte mich heute nachmittag schon gewundert, wieso mein Link auf einen Text führte, der gestern in Teilen anders lautete; den ich mir aber ausgedruckt hatte.

Auch wenn ich einem "Stuss" aufgesessen bin, ist jedenfalls für mich diese Erfahrung (wie entsteht eine Meldung bei T-online und was wird daraus) ebenso interessant wie lehrreich. So gesehen kann vielleicht der Blogger "Thorsten" dem Thema noch etwas abgewinnen.

Beste Grüsse
Bernd von Heintschel-Heinegg

Lieber Herr Prof. von Heintschel-Heinegg,

in dem von Ihnen verlinkten Video ist weiterhin von "Mord" die Rede. Wahrscheinlich ist es technisch schwerer, die Tonspur zu ändern....

Wie sich in den heutigen Medien "entwickeln" ist schon interessant.

Beste Grüße

Hans-Otto Burschel

Ja, das ist wohl die Methode: Erst mal schnell "raushauen" die Meldung, damit man der Erste ist, korrigieren und an die Wirklichkeit apassen kann man ja später immer noch. Dies ist ein echter Nachteil des Internet-Journalismus. Zwar gab und gibt es auch gedruckte Falschmeldungen, doch durch den längeren Vorlauf kann ja oft noch vor dem Druck korrigiert werden.

In Blogs gibt es teilweise die Sitte, ältere und dann überholte oder als erkannte falsche Teile eines Beitrags durchzustreichen um so einerseits den Text zu aktualisieren oder zu berichtigen und andererseits den ursprünglichen Text nicht verschwinden zu lassen. Ist natürlich in einigen Situationen nicht wirklich praktikabel.

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Wobei man hier mit dem Stichwort "Journalismus" meines Erachtens vorsichtig umgehen sollte – nur weil die Firma T-Online zu einem ehemaligen Staatskonzern gehört, heißt das noch lange nicht, dass seriöse Journalisten deren Website beschicken ... Der Rückgriff auf "Meldungen" einer Seite mit der passenden Subdomain "Unterhaltung" bei T-Online sollte zumindest mit einer oder mehreren Quellen abgeglichen werden, die etwas von Journalismus und nicht nur vom Abschreiben verstehen ... inbesondere, wenn von US-Websites, die noch dazu auf Gerüchte und Promi-News spezialisiert sind, abgeschrieben wird :-)

Vielleicht handelt es sich vorliegend also nicht um einen Nachteil des Internet-"Journalismus", sondern um ein Problem, das uns alle als Nutzer von Online-Medien betrifft: Das, was früher der Journalist für uns getan hat, müssen jetzt wir leisten, wenn wir den Journalisten nicht bezahlen wollen – das Bewerten, Abgleichen, Prüfen und Einordnen.

Herr Spoenle,

ich stimme Ihnen völlig zu. In diesem Fall jedoch berief sich t-online auf dpa. Und, ehrlich gesagt, hab ich sowohl bei dpa und auch bei einigen Spiegel-Online-Meldungen, die von "echten" Journalisten verantwortet werden, schon bemerkt, dass unzuverlässige Meldungen verbreitet werden.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

Soweit mir bekannt ist, muss Propofol durch eine Spritze verabreicht werden. Daher ist die Vermutung naheliegend, dass dies durch den Arzt geschehen sein könnte, wenn Herr Jackson dazu gerade nicht selber in der Lage war oder er grundsätzlich sich selbst keine Spritzen verabreichen konnte.

Die Mengen an Propofol, wie man es auf Bildern in Zeitungen sehen konnte, die  Herr Jackson sein eigen nannte und in seinem Haus aufbewahrt hat, reichem einem deutschen Krankenhaus zu ehren. Ich habe mich gefragt warum er solche Menge zuhause aufbewahrt und v.a. wie er diese Mengen erhalten hat? Mir ist leider nicht bekannt, ob man Propofol in den USA in jedem Supermarkt einfach erwerben kann oder ob dies eher nach deutscher Praxis abläuft.

Warum Herr Jackson das Hypnotikum einnahm, ist weniger aufregend. Es verschaft einem als Nebenwirkung süße Träume und ein gutes Gefühl, so dass es gerade gerne bei unangenehmen Eingriffen und v.a. auf der Intensivsation (künstliches Koma) im Krankhaus eingesetzt wird.

Auf der Grund der Stärke des Medikaments besteht immer die Gefahr von weiteren Nebenwirkungen, so dass keine Überdosierung vorliegen muss, um schließlich ein Organversagen auszulösen. In jedem Fall ist die Dosierung nicht ganz unproblematisch.

Ich frage mich ernsthaft, ob eine fahrlässige Tötung vorliegen kann, wenn ein Arzt zwar gegen seinen Eid verstösst, aber auf Verlangen arbeitet und dies sicherlich dutzende, wenn nicht hundert Male oder sogar noch öfters bereits in der Vergangenheit geschehen ist. Bei den Mengen die Herr Jackson in seinem Haus hatte, kann man eigentlich nur von einer regelmäßigen Praxis ausgehen.

Ich denke, dass das Ergebnis - der Tod von Herr Jackson - ein zwangsläufiges Ergebnis irgendwann sein musste. Wer mit dem Feuer spielt, verbrennt sich einmal die Finger. Bei der Einnahme dieses Medikaments ohne intensiv-medizinischer Überwachung und vermutlich ohne großartiger intensiv-medizinischer Erfahrung des Arztes, war dies eher schon ein Spiel mit dem Feuer an der Zapfanlage einer Tankstelle.

Ich persönlich vermute, dass der Arzt Herrn Jackson seine "übliche" Dosis verabreicht hat. Ein Nachweis, dass der Arzt an jenem Tag auf Verlangen von Michael J. eine größere Menge verabreicht hat, dürfte nicht gelingen.

Genauso dürfte es nicht gelingen durch die Autopsie die ursächliche Todesursache festzustellen. Möglicherweise hat Herr Jackson weitere Medikamente zu sich genommen. Auf jeden Fall dürften die Medikamente zur Wiederbelebung das toxische Blutbild so vermischen, dass eine genaue Klärung, ob die Einnahme von Propofol ursächlich war, nicht mehr gelingen. Nach dt. Recht wäre es doch dann so, dass bei nicht nachweisbarem Kausalzusammenhang im Zweifel für den Angeklagten die Strafbarkeit verneint werden müsste.

Grüße ABC

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@ABC, Sie schreiben:

Ich frage mich ernsthaft, ob eine fahrlässige Tötung vorliegen kann, wenn ein Arzt zwar gegen seinen Eid verstösst, aber auf Verlangen arbeitet und dies sicherlich dutzende, wenn nicht hundert Male oder sogar noch öfters bereits in der Vergangenheit geschehen ist. Bei den Mengen die Herr Jackson in seinem Haus hatte, kann man eigentlich nur von einer regelmäßigen Praxis ausgehen.

Durch ständige Wiederholung wird eine fahrlässige Praxis nicht weniger fahrlässig. Auf "Verlangen"? Wollte Michael Jackson ausdrücklich getötet werden, dann würde dies den Arzt nach deutschem Strafrecht nicht von Strafe befreien (§ 216 StGB) - wie es in den USA ist, weiß ich nicht. Aber Sie meinen wahrscheinlich, dass Jackson sich der Gefährdung durch seinen Arzt eigenverantwortlich ausgesetzt hat. Der BGH hat bisher eine einverständliche Fremdgefährdung als Zurechnungsausschluss nicht akzeptiert, sie wird aber in der Wissenschaft diskutiert und zum Teil auch befürwortet. Sie wird aber nur dann zu bejahen sein, wenn Jackson über die Lebensgefahr vollständig informiert war und noch "klaren Kopfes" darüber entscheiden konnte. Beides ist fraglich. Man wird eher einen Wissensvorsprung des Arztes hinsichtlich der Risiken annehmen können und möglicherweise auch eine Einschränkung der Verantwortung Jacksons durch Sucht.

Ich persönlich vermute, dass der Arzt Herrn Jackson seine "übliche" Dosis verabreicht hat.

Ob die Dosis "üblich" im Sinne von "erlaubt" ist, hängt wohl von der Indikation und dem (sich auch ändernden) körperlichen Zustand Jacksons ab. Wenn aber üblich heißen soll "häufig, gewöhnlich", dann gilt das oben schon Angedeutete: Nur weil eine gefährliche Dosis öfter vergeben wird und sie dadurch üblich wird, wird sie nicht unbedingt weniger fahrlässig. Auch ein ständiges Überschreiten der Geschwindigkeit bedeutet ja nicht, dass der Fahrer, wenn er denn einen Unfall verursacht, sich damit herausreden kann, er sei üblicherweise so schnell gefahren und bisher sei nie etwas passiert.

Genauso dürfte es nicht gelingen durch die Autopsie die ursächliche Todesursache festzustellen. Möglicherweise hat Herr Jackson weitere Medikamente zu sich genommen. Auf jeden Fall dürften die Medikamente zur Wiederbelebung das toxische Blutbild so vermischen, dass eine genaue Klärung, ob die Einnahme von Propofol ursächlich war, nicht mehr gelingen.

Nach der Äquivalenztheorie (jede Kausalbedingung ist gleichwertig) würde es genügen nachzuweisen, dass das Propofol den Tod mitverursacht hat. Wenn es so war, wie auch Sie annehmen, dass nämlich die Propofol-Wirkungen der Anlass waren für die späteren Wiederbelebungsversuche (die dann weitere Medikamente nötig machten), dürften an der Kausalität keine Zweifel bestehen. Für den Beweis kommen verschiedene Beweismittel in Betracht, nicht nur das Blutbild. Soweit ich informiert bin, hat sich der Arzt schon erheblich selbst belastet (wenn man den Medienberichten trauen darf). Möglicherweise gibt es auch glaubwürdige Zeugen dieser "üblichen" Praxis. Ließe sich aber nicht nachweisen, dass der Arzt Propofol (oder eine andere zu diesem Zustand führende) Substanz verabreicht hat, dann würde im Zweifel für den Angeklagten entschieden, dies wohl auch in den USA.

Beste Grüße

Henning Ernst Müller


 

Ein Blick in die Quelle mag hier hilfreich sein. Im englischsprachigen Original von tmz.com heißt es:

... the cause of death will "almost certainly" be homicide -- death at the hands of another.

Quelle: http://www.tmz.com/2009/07/24/michael-jackson-death-coroner-autopsy-results-dr-conrad-murray-lapd-criminal-homicide-propofol/

Der im Original verwendete Begriff ist also der des homicide und wird darüber hinaus auch direkt erklärt, sinngemäß als fremdverschuldete Tötung. Als Übersetzung hätte sich daher wohl schlicht angeboten: Michael Jacksons Tod war "fast sicher" fremdverschuldet. Angesichts von § 12 Abs. 1 StGB erscheint mit die Übersetzung mit "Verbrechen" als eher unglücklich (vgl. den Strafrahmen von § 222 StGB).

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"Homicide" ist allgemein ein Ausdruck für Tötungsdelikte.

Für Mord werden die Kategorien murder first degree und murder second degree verwendet.

Tötung auf Verlangen ist in den USA grundsätzlich strafbar.

Die Verabreichung von Nakosegas dürfte stets fährlässige Tötung sein.

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@ro

Sie schreiben: "Die Verabreichung von Narkosegas dürfte stets fährlässige Tötung sein."

Das ist etwas knapp und voreilig, denn sicherlich gibt es auch Narkoseunfälle und -unglücke ohne Fahrlässigkeit. Nach Angaben von Rita Neubauer in der Sächsischen Zeitung vom 29.Juli beruht der Fahrlässigkeitsvorwurf auf Folgendem; Zitat: "Beobachter vermuten, dass Murray eingeschlafen sein könnte, nachdem er die Injektion setzte und schlichtweg nicht bemerkt habe, dass Jacksons Herz stehen blieb. Normalerweise muss ein Patient, dem das Narkosemittel verabreicht wird, permanent überwacht werden. Unter anderem mit einem EKG, das Veränderungen des Herzschlags aufzeigt. In Jacksons Haus wurde ein solches Gerät jedoch nicht gefunden."

Beste Grüße

Henning Ernst Müller


Nun also doch: Gerichtsmedizin geht im Fall Jackson von Totschlag aus.

http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,644749,00.html

In Deutschland hätte der behandelnde Arzt schon deshalb ganz schlechte Karten, weil Propofol als Narkosemittel keine Einschlafhilfe ist, nicht mal als Off-label-use. Propofol wird zu Kurz-Narkosen verwendet, eventuell noch zum "künstlichen Koma" auf der Intensivstation (es ist übrigens kein Gas, wie ro irrtümlich schrieb).

Bekannte Gefahren von Propofol sind insbesondere eine Atemdepression, so dass der Narkose-Patient einer ständigen Überwachung bedarf. Außerdem ist es auch in Deutschland bekannt geworden wegen einiger Todesfälle, die nach bakterieller Kontamination der Lösung aufgetreten sind. Ein medizinischer Gutachter führte im Zusammenhang mit dem Tod der kleinen Sina aus:  Da dies eine "gröbste Missachtung der Regeln ärztlichen Standards" sei und "wissentlich" geschah, "liegt keine bloße Fahrlässigkeit vor".

Das Landgericht Ellwangen hat dann den Anästhesisten am 18. Juli 2007 wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie eines weiteren Falls von Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Wer aber, wie im Fall Michael Jackson, nicht nur die Narkose grob fehlerhaft durchführt, sondern dies sogar ohne jeden Grund macht und  gravierend gegen jegliche Grundsätze der Medizin verstößt, kann schon mal eine Anklage wegen Totschlag kassieren, da ein solches Vorgehen des Arztes nicht mehr das Geringste mit Fahrlässigkeit zu tun hat. Er hat nicht nur die Überwachung unterlassen und ist eingeschlafen, er hat das Medikament auch ohne erkennbaren Grund gespritzt. Eine Narkose für einen operativen Eingriff war ja wohl nicht geplant.

Bin mal gespannt, was das amerikanische Recht zu so einem Vorgehen sagt.

 

 

 

Das Los Angeles Police Department soll die Ermittlungen gegen den Kardiologen Conrad Murray, der seit einigen Wochen wieder in Texas praktiziert, abgeschlossen haben. In den nächsten Wochen soll der Fall der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Murray hatte in der Todesnacht u.a. das Narkotikum Propofol verabreicht, das Jacksons Tod auslöste. Nach dem Ergebnis der Gerichtsmedizin war die akute Vergiftung mit dem Narkosemittel die Ursache für das Herzversagen des Sängers. Voraussichtlich erwartet Murray eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung (Quelle: FAZ vom 11.1.2010 Nr. 8 S.7).

Nach dem überraschenden Tod von Michael Jackson am 20.6.2009 muss sich nun sein Leibarzt Conrad Murray wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht zu antworten. Am Montag bekannte sich der 56-jährige Kardiologe für "nicht schuldig".

Nach dem veröffentlichten vollständigen Autopsiebericht starb der Popstar an einer akuten Vergiftung durch unsachgemäßes Verabreichen des Narkosemittels Propofol in Kombination mit einem Cocktail anderer Medikamente wie Valium und Lorazepam. Das abschließende toxikologische Gutachten, das ebenfalls am Montag veröffentlicht wurde, beschreibt die Konzentration in Jacksons Leiche als "vergleichbar der Menge, die bei Vollnarkose für schwere Operationen verabreicht wird."

Quellen: FAZ vom 10.2.2009 Nr. 34 S. 7; Straubinger Tagblatt vom 10.2.2010 S. 3

Vielleicht noch eine kleine Ergänzung zum Bergriff "unsachgemäß".

Die Verabreichung des Medikamentes Propofol war sicher technisch korrekt und möglicherweise auch noch in der Dosierung vertretbar, sie war nur nicht indiziert. Indikationen für Propofol sind Kurznarkosen oder auch die Aufrechterhaltung eines künstlichen Komas auf der Intensivstation.

Für den beabsichtigten Zweck (Einschlafhilfe) war Propofol also das falsche Medikament. Ob dies nun als einfacher Fehler oder aber grober Kunstfehler (mit nachfolgender Beweislastumkehr) zu werten wäre, kann dahingestellt bleiben. Denn der eigentliche Fehler des Arztes war die dann zwingend notwendige kontinuierliche Überwachung des "Patienten", die er unterlassen hat. Somit liegt auf jeden Fall ein grober Fehler vor, und Murray wird es nicht gelingen zu beweisen, dass Michael Jackson auch ohne die (nicht indizierte) Gabe von Propofol gestorben wäre oder aber der Tod durch diesen Cocktail für einen Arzt völlig unvorhersehbar war.

Also m.E. eindeutig fahrlässige Tötung. Vorsatz zur Tötung bestand sicher nicht (diese Anklage wollten die Angehörigen durchsetzen).

 

 

Es wäre sehr nett, wenn mir hier jemand dabei helfen könnte, den Autopsie-Bericht von MJ besser verstehen zu können....

Da bin ich der Meinung, dass sich durch die Übersetzung in den Medien viele Differenzen in der Berichterstattung ergeben haben.

Leider verfüge ich nicht über ein fundiertes Fachwissen, vieles erscheint mir unvorstellbar,  würde sich vermutlich aufklären, wenn der medizinsche Hintergrund, ein wenig verständlich gemacht werden könnte.

Im Autopsie-Bericht stand MJ hatte u. a.

*   • Katheter in beiden Arterien der Oberschenkel
     • Zugang für eine Injektion an der Halsvene

sind das kleine Shunts, die weder, die Beweglichkeit beeinträchtigen noch für Jedermann sofort sichtbar sind ?

Warum könnten sie gelegt worden sein, nach welcher Zeit wird ein Dauerzugang ausgetauscht ?

Für etwas Klarheit, bin ich dankbar,

Margo

 

* das habe ich bei Bild.de entnommen

http://www.bild.de/BILD/unterhaltung/leute/2010/02/10/tod-von-michael-jackson/der-autopsiebericht-aus-der-gerichtsmedizin.html

 

 

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Den Kathetern ist (juristisch) keine große Bedeutung zuzumessen. Zudem wird nicht mitgeteilt, ob die Katheter und Zugänge frisch gelegt wurden (event. im Rahmen der Reanimation) oder aber schon älter waren. Im letzteren Fall hätten sie eben als Zugang für die häufigen intravenösen Injektionen gedient (allerdings wären da Katheter in der Vena jugularis oder vena subclavia oder auch ein Zentralvenöser Zugang in der Vena cava üblich, u.U. auch ein sog. Port).

Katheter in den Oberschenkel-ARTERIEN erscheinen ausgeschlossen. Hier liegt wieder ein Übersetzungsfehler aus dem Englischen vor. Es soll wohl heißen: Oberschenkelvenen. Ein dauerhafter Zugang an dieser Stelle wäre allerdings sehr ungewöhnlich, da hier eine hohe Thrombosegefahr besteht. Vermutlich wurden diese im Rahmen der Reanimation von Dr. Murray gelegt. Ebenso sind die Prellungen im Bereich des Brustkorbes zu sehen, wohl auch die div. Einstichstellen.

Juristisch bedeutsam wären diese Katheter nur, wenn

- diese Zugänge und Katheter schon vor längerer Zeit angelegt worden wären und

- Dr. Murray bestritten hätte, das Propofol und andere Medikamente schon länger appliziert zu haben

 

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