BGH: Keine volle Abwälzung der Ausgleichspflicht nach § 76 Abs. 2 S. 2 TKG via AGB vom Leitungsinhaber auf das TK-Unternehmen und keine Aufbürdung der Kosten bei Ansprüchen

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 23.07.2009

Der V. Senat des BGH hatte sich in der Verhandlung vom 17.07.2009 erneut mit der Ausgleichspflichtregelung des § 76 Abs. 2 S. 2 TKG zu befassen, wonach dem Grundstückseigentümer ein Ausgleichsanspruch zusteht, wenn über dessen Grundstück eine Leitung geführt wird, die nicht nur vom Leitungsinhaber (typischerweise einem Energierversorger) genutzt wird, sondern über die nun auch eine kommerzielle Nutzung zu Telekommunikationszwecken für die Öffentlichkeit erfolgt. Der BGH hatte, beginnend mit seinem Urteil vom 7.7.2000 (BGHZ 145, 16ff.) bereits entschieden, dass (auch bereits nach § 57 Abs. 2 S. 2 TKG 1996) neben dem Leitungsinhaber ebenfalls das TK-Unternehmen für die Ausgleichspflicht hafte, das die Leitung erstmals im vorbezeichneten Sinne nutze. Die etwaigen zeitlich späteren TK-Nutzer haften nach Ansicht des BGH nicht. Der V. Senat hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 14.05.2004 (MMR 2004, 608ff.) auch für den Fall bekräftigt, in dem mit der erweiterten TK-Nutzung keine oder nur eine unwesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks einhergeht. In Fortführung dieser Rechtsprechung urteilte der Senat sodann am 16.09.2005 (MMR 2005, 835ff.), für die Entstehung des Ausgleichsanspruchs genüge die Vermietung zu Zwecken der Telekommunikation nicht, vielmehr komme es auf die tatsächliche Nutzung an.

Im nun vorliegenden Verfahren ging es insbesondere um die Fragen,ob der Leitungsnetzinhaber im Innenverhältnis mittels seiner AGB die gesamte Kostenlast der Ausgleichspflicht auf das TK-Unternehmen abwälzen kann und ob der Leitungsnetzinhaber seine Kosten, die mit der Abwicklung von Ausgleichsansprüchen der Grundstückseigentümer verbunden sind, dem TK-Unternehmen aufbürden kann.

Zur ersten Frage hält der BGH eine als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizierende Klausel in einem Nutzungsvertrag über ein Faserpaar von 30 oder gar 60 Faserpaaren für unangemessen und damit unwirksam, wenn hiermit die gesamte Last der Ausgleichszahlung im Innenverhältnis vom Leitungsnetzinhaber auf den anmietenden Carrier übertragen werden soll. Die Pflicht zur Ausgleichszahlung entstehe, so der Senat in der mündlichen Verhandlung, zwar unter Bezugnahme auf seine oben zitierte Entscheidung vom 7.7.2000 mit der Aufnahme der ersten kommerziellen Nutzung der Leitung zu Telekommunikationszwecken für die Öffentlichkeit; auch seien im Außenverhältnis etwa nachfolgende Nutzer dieser Art von der Verpflichtung befreit; dies führe aber nicht dazu, dass sich der Leitungsnetzinhaber im Innenverhältnis via AGB von der Ausgleichslast gänzlich befreien könne, wenn dem Carrier, der die Leitung erstmals zu erweiterten TK-Zwecken im Sinne der BGH-Rechtsprechung nutzt, nur ein geringer Teil der gesamten Faserpaare zur Nutzung überlassen ist. Eine solche Regelung, so der BGH, weiche erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Mietrechts ab, auf das hier zurückzugreifen sei.

Im vorliegenden Falle spricht nach Auffassung des Senats vieles für die Annahme des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen, mangels entsprechender Feststellung war die Sache jedoch an das OLG zurückzuverweisen.

Zur zweiten Frage wies der BGH die Revision des Energieversorgers ab; dieser begehrte die Feststellung, das TK-Unternehmen sei ihm zur Erstattung der Kosten verbunden, die mit der Abwicklung von Ausgleichsansprüchen der betroffenen Grundstückseigentümer einhergingen. Nach Auffassung des Senats hatten die beiden Vorinstanzen zu Recht diesen Antrag abgewiesen, da es in der Sphäre des Energieversorgers liege, die mit der Abwicklung einhergehenden Maßnahmen zu ergreifen und die entsprechenden Kosten zu tragen; weder aus dem Vertrag noch etwa aus dem Recht der Gemeinschuldnerschaft sei ein Anspruch erkennbar.

(mitgeteilt von RA Wilfried Boms, Stein & Partner Rechtsanwälte)

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