OVG Berlin-Brandenburg: Somalier im kenianischen Piratenprozess haben keinen Anspruch auf Kostenübernahme Deutschlands für deutschen Anwalt

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 10.07.2009

Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht verpflichtet, die Kosten für die Verteidigung eines mutmaßlichen somalischen Seeräubers durch einen deutschen Rechtsanwalt im Strafprozess in Kenia zu übernehmen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden und damit die Vorinstanz bestätigt (Beschluss vom 07.07.2009, OVG 10 S 16.09).

Sachverhalt

Der Antragsteller wurde von einer Fregatte der Bundesmarine, die an der Militäroperation «Atalanta» vor der Küste Somalias beteiligt ist, zusammen mit anderen wegen des Verdachts eines seeräuberischen Angriffs auf ein Containerschiff im Golf von Aden festgenommen. Anschließend wurde er zur Durchführung des Strafverfahrens nach Kenia verbracht.

Die Bedingungen und Modalitäten für die Übergabe mutmaßlicher Piraten an die Strafverfolgungsbehörden der Republik Kenia und ihre nachfolgende Behandlung richten sich nach den Festlegungen in dem Briefwechsel zwischen der Europäischen Union und der Regierung Kenias. Darin sind prozessrechtliche Mindestgarantien für die übergebenen Personen vereinbart, darunter auch das Recht, sich durch einen Rechtsanwalt eigener Wahl verteidigen zu lassen. Hieraus wollte der Antragsteller, für den bereits ein kenianischer Strafverteidiger bestellt worden ist, einen Kostenübernahmeanspruch für einen zusätzlichen deutschen Wahlverteidiger gegenüber der Bundesrepublik Deutschland herleiten. Hiermit hatte er weder in erster noch in zweiter Instanz Erfolg.

Anspruch besteht allenfalls gegenüber der Republik Kenia

Die Bevollmächtigung des deutschen Rechtsanwalts durch den mutmaßlichen Seeräuber sei nicht glaubhaft gemacht worden, stellt das OVG zunächst fest. Es sei auch nicht klar, ob der deutsche Rechtsanwalt überhaupt eine Arbeitserlaubnis und Anwaltszulassung für eine Verteidigung vor dem kenianischen Strafgericht erhalten würde. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf die begehrte Kostenübernahme. Das Konsulargesetz regele nur Hilfeleistungen für deutsche Staatsangehörige. Diese seien überdies verpflichtet, die entstehenden Kosten zu erstatten. Im Übrigen könne sich ein solcher Anspruch allenfalls gegen die Republik Kenia richten. Zwar sei nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen bei der Festnahme mutmaßlicher Piraten auf Hoher See durch ein Kriegsschiff die Strafgerichtsbarkeit des Staates zuständig, unter dessen Flagge das Schiff fahre, das die Festnahme durchgeführt habe. Die Europäische Union habe jedoch von der Möglichkeit der Übertragung dieser Zuständigkeit auf einen Drittstaat, hier die Republik Kenia, Gebrauch gemacht. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zu einer Kostenübernahme für einen deutschen Wahlverteidiger neben dem kenianischen Strafverteidiger komme schon deshalb nicht in Betracht.

 

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