BGH: Kindergartenbeiträge sind in den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 02.06.2009

Unter teilweiser Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung hat der BGH mit Urteil vom 26.11.2008 (XII ZR 65/07) festgestellt:

1. Beiträge für den Kindergarten bzw. anderer vergleichbarer Einrichtungen sind Bedarf des Kindes, nicht etwa des betreuenden Elternteils.

2. Diese Beiträge sind in den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfert Tabelle nicht enthalten.

3. Für diesen Mehrbedarf des Kindes haben beide Elternteile entsprechend ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen.

4. Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind hingegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten.

Zur Begründung führt der BGH aus, dass sich nach der Neufassung des § 1612 a BGB der Unterhalt des Kindes an dem steuerechtlichen Existenzminimum orientiere. Nach § 27 I SGB XII umfasse der notwendige Lebensbedarf insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu Letzteren gehörten in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Nach Abs. 2 umfasse der notwendige Lebensunterhalt bei Kindern und Jugendlichen auch den besonderen, insbesondere den durch ihre Entwicklung und ihr Heranwachsen bedingten Bedarf. Bei dieser Quantifizierung des Bedarfs seien jedoch die allgemeinen Kosten nicht hinreichend berücksichtigt, die Eltern aufzubringen haben, um dem Kind eine Entwicklung zu ermöglichen, die es zu einem verantwortlichen Leben in der Gesellschaft befähigt. Hierzu gehöre etwa die Mitgliedschaft in Vereinen sowie sonstige Formen der Begegnung mit anderen Kindern oder Jugendlichen außerhalb des häuslichen Bereichs und die verantwortliche Nutzung der Freizeit und die Gestaltung der Ferien.

Das sächliche Existenzminimum und dem folgend der Mindestbedarf eines Kindes beinhalteten deshalb nicht die für den Kindergartenbesuch aufzubringenden Kosten. Für den Betreuungs- und Erziehungsbedarf des Kindes, der über den existentiellen Sachbedarf hinaus notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums ist (BVerfGE 99, 216 ff. = FamRZ 1999, 285, 287 f., 290), seien vielmehr zusätzliche Mittel zu veranschlagen. Die dem System der Bedarfsfestlegung immanente Abgrenzung dieses Bedarfs von demjenigen des sächlichen Bedarfs betreffe nicht nur den für ein Kind aufzubringenden Mindestunterhalt, sondern auch den bei günstigeren Einkommensverhältnissen des Barunterhaltspflichtigen geschuldeten höheren Unterhalt. Auch den Mindestunterhalt übersteigende Unterhaltsbeträge deckten grundsätzlich keinen wesensverschiedenen Aufwand ab, sondern zielten aufgrund der abgeleiteten Lebensstellung des Kindes auf eine Bedarfsdeckung auf höherem Niveau. Danach sei die Annahme nicht gerechtfertigt, in höheren Unterhaltsbeträgen seien Kosten für den Besuch eines Kindergartens teilweise enthalten

Erstaunlicherweise hat noch keine der großen familienrechtlichen Zeitschriften diese weitreichende Entscheidung veröffentlicht und kommentiert.

stimmt nicht FamRB 2009, Heft 6, Umschlagseite VI

 

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"Für diesen Mehrbedarf des Kindes haben beide Elternteile entsprechend ihren Einkommensverhältnissen aufzukommen." - Mich würde interessieren, wie die Einkommensverhältnisse der Elternteile berechnet werden: Wenn die Kindesmutter (wieder) verheiratet ist, wird dann nur ihr eigenes Einkommen herangezogen oder auch das des Ehemannes?

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