BAG: Verschulden von Gewerkschaftsbevollmächtigten bei verspäteter Erhebung der Kündigungsschutzklage wird zugerechnet

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 02.06.2009

Bereits Ende vergangenen Jahres (Urteil vom 11.12. 2008, 2 AZR 472/08, dazu BeckBlog vom 11.12.2008) hatte das BAG entschieden, dass dem Arbeitnehmer gemäß § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten bei der verspäteten Erhebung der Kündigungsschutzklage zugerechnet wird. Versäumt also der Bevollmächtigte die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG, ist die Klage abzuweisen, ohne dass es darauf ankäme, ob den Arbeitnehmer persönlich ein Verschulden trifft.

Diese Rechtsprechung hat das Gericht jetzt zu Recht auch auf den Fall erstreckt, dass der Arbeitnehmer nicht durch einen Rechtsanwalt, sondern den bevollmächtigten Vertreter einer Gewerkschaft vertreten wird, der dann seinerseits den Klageauftrag an die DGB-Rechtsschutz GmbH weiterzugeben hat.

In dem am 28.5.2009 vom Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Fall (2 AZR 548/08) war dem Kläger am 19.7.2007 eine Kündigung seines Arbeitgebers zugegangen. Am selben Tag rief er den für ihn zuständigen Leiter der Geschäftsstelle seiner Gewerkschaft an und vereinbarte mit ihm einen Termin für den 20.7.2007 im Gewerkschaftsbüro, um die Klageerhebung in die Wege zu leiten. Als der Kläger am 20.7. im Büro erschien, war der Geschäftsleiter wegen anderer Pflichten abwesend. Der Kläger übergab seine Unterlagen an eine Mitarbeiterin, um die Klageerhebung zu veranlassen. Bei gewöhnlichem Gang der Dinge wären die Unterlagen ohne Weiteres alsbald zur Klageerhebung an die DGB-Rechtsschutz GmbH weitergeleitet worden; die DGB-Rechtsschutz GmbH übernimmt als zentrale Einrichtung die Prozessvertretung für Mitglieder von DGB-Gewerkschaften. Im Zusammenhang mit Bauarbeiten gerieten die Unterlagen jedoch für mehrere Wochen in Vergessenheit und tauchten erst um den 10.9.2007 wieder im Büro der Geschäftsstelle auf. Am 13.9.2007 erhob die DGB-Rechtsschutz GmbH für den Kläger Kündigungsschutzklage und beantragte deren nachträgliche Zulassung (§ 5 KSchG).

Der Antrag hatte vor dem Zweiten Senat keinen Erfolg. Der Kläger selbst war zwar schuldlos an der Fristversäumung. Er hatte seinerseits mit der Beauftragung der Gewerkschaft am 20.7.2007 alles zur Klageerhebung Nötige getan. Indes muss er sich das Verschulden des von ihm am 20.7.2007 mit der Klageerhebung beauftragten Gewerkschaftsvertreters zurechnen lassen. In der Geschäftsstelle der Gewerkschaft hätten Vorkehrungen getroffen sein müssen, um die rechtzeitige Bearbeitung fristgebundener Klageaufträge sicher zu stellen. Daran fehlte es.

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