Gastkommentar: Ewald Ternig zum Fußgängerüberweg i.S.d. § 315c StGB

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.05.2009

Heute kann ich einmal einen Gastkommentar präsentieren. Ewald Ternig von der  FHÖV Fachbereich Polizei RLP hatte mir vor einigen Tagen einen Aufsatz zu der Frage zugesandt, ob auch der beampelte Fußgängerüberweg ein Fußgängerüberweg i.S.d. § 315 c Abs. 1 Nr. 2c StGB darstellt. Bisher sah das die h.M. anders. Nur der Zebrastreifen des § 26 StVO sollte tauglicher Tatort sein. Seit BGH NZV 2008, 528 (mit Bespr. König in NZV 2008, 492) ist dies nicht mehr so ganz klar. Herr Ternig hat hierzu auf meine Bitte hin dankenswerterweise einen kurzen Gastkommentar verfasst:

 

"Immer wieder kommt es an lichtzeichengeregelten Fußgängerfurten zu gefährlichen Situationen, weil Fahrzeugführer das Rotlicht nicht beachten und Fußgänger gefährden oder schädigen. Wenn sich dieses Szenario nicht an einer Einmündung oder Kreuzung abspielt sondern auf gerader Strecke, tun sich die Gerichte schwer, das Verhalten unter § 315 c StGB zu subsumieren, auch wenn der Fahrzeugführer grob verkehrswidrig und rücksichtslos gehandelt hat.

 

Der BGH hatte sich in einer Entscheidung (www.bundesgerichtshof.de, 4. Strafsenat, 15.04.08, 4 StR 639/07, Rand-Nr. 3 = DAR 2008, S. 390) dazu leider nicht festgelegt.

 

Überwiegend geht die Literatur beim Fußgängerüberweg i. S. d. § 315 c StGB ausschließlich von Zebrastreifen aus. Die genannten Entscheidungen sind allerdings schon etwas älter.

 

Nach meiner Ansicht könnte man auch die lichtzeichengeregelte Fußgängerfurt unter § 315 c Abs. 1 Nr. 2 c StGB subsumieren.

 

Zunächst ist es nach der Richtlinie zur Anlage von Fußgängerüberwegen nicht gestattet, einen Zebrastreifen mit einer Lichtzeichenanlage zu kombinieren.

 

Die Verwaltungsvorschrift zu § 25 StVO, der sich mit Fußgängern beschäftigt, führt  aus, dass dort, wo der Fahrzeugverkehr so stark ist, dass Fußgänger die Fahrbahn nicht sicher überschreiten können, und da, wo Fußgänger den Fahrzeugverkehr unzumutbar behindern ... Fußgängerquerverkehr unter Berücksichtigung zumutbarer Umwege an bestimmten Stellen zusammengefasst werden muss (z. B. Fußgängerüberwege oder Errichtung von Lichtzeichenanlagen). Weiter ist in der VwV zu lesen, die Markierungen an Lichtzeichenanlagen für Fußgänger, so genannte Fußgängerfurten, ... Wo Fußgängerquerverkehr dauernd oder zeitweise durch besondere Lichtzeichen geregelt ist, sind Fußgängerfurten zu markieren. Sonst ist die Markierung mit Ausnahme von Überwegen, die durch Schülerlotsen, Schulweghelfern oder sonstige Verkehrshelfer gesichert werden, unzulässig.

Dabei muss mindestens 1 m vor jeder Fußgängerfurt eine Haltlinie (Z. 294) markiert werden. Zu Fußgängerüberwegen wird dann auf § 26 StVO verwiesen.

 

In Bezug auf § 315 c StGB führe das BVErfG (22.08.1994, Az. 2 BvR 1884/93 = NJW 1995, 315, 316) zum Überholen einmal aus:

 

In § 315 c StGB werden vielmehr ganz allgemein verschiedene, für Menschen und Sachen besonders gefährliche Verhaltensweisen im Straßenverkehr unter Strafe gestellt (darunter auch das grob verkehrswidrige und rücksichtslos falsche Überholen). § 315 c StGB dient vornehmlich dem Schutz des Lebens, der Gesundheit und bedeutender Sachwerte in besonders gefahrenträchtigen Situationen im Straßenverkehr. Die Vorschrift zielt aber nicht primär auf die Einhaltung der Regeln der StVO ab, wie dies für die Bußgeldtatbestände der StVO gilt. Es ist deshalb in fachgerichtlicher Rechtssprechung und Literatur unstreitig, dass der Begriff des „falschen Überholens" in § 315 c Abs. 1 Nr. 2 b StGB wesentlich weiter geht als der entsprechende Begriff der StVO.

Diese Argumentation müsste auch beim Fußgängerüberweg möglich sein. Auch hier müsste nicht nur der Zebrastreifen subsumiert werden können, zumal der Begriff in § 315 c StGB nicht genannt ist.

 

Den kompletten Aufsatz zur Problematik findet man in der Zeitschrift VD 09, Ausgabe 2, S. 31"

 

 

 

Ich würde mich freuen, wenn auch andere Blogleser einmal einen solchen Gastkommentar zumailen würden. Nur zu!

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1 Kommentar

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Ich würde dem zustimmen. Denn was liegt näher, dass der Gesetzgeber das verkehrswidrige und rücksichttslose Fahren bei roter Ampel nicht unter Strafe stellen wollte oder dass diese Fälle bereits bei den übrigen Varianten  aufgehen und nicht unterschieden, ob mit oder ohne Ampel?

Grüße

 

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