Compliance in der Krise = Krise der Compliance?

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 28.05.2009

Die Wirtschaftskrise fördert Korruption. Jeder vierte Mitarbeiter deutscher Unternehmen hält es angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise für gerechtfertigt, das Geschäft mit Hilfe von Schmiergeldern zu sichern oder anzukurbeln. Nahezu jeder Fünfte ist zudem bereit, hierfür Geschenke oder Vergnügungsangebote einzusetzen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage der Ernst & Young AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft. Befragt wurden mehr als 2.200 Beschäftigte in 22 europäischen Ländern. Dabei gehen 55 % der Befragten von einer Zunahme der Korruption aus, in Deutschland erwarten dies sogar 59 % der Befragten. Als wichtigste Ursache für die steigende Korruption wird die schlechte Wirtschaftslage und die Sorge der Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz genannt. Um noch ein paar Zahlen zu nennen: Nur 15 % sind laut der Umfrage davon überzeugt, dass das Unternehmensmanagement immer integer handle. Und lediglich 5 % der Befragten sind fest überzeugt, dass ihr Arbeitgeber frei von gravierenden Korruptionsfällen ist.

Teilweise tauchen nun Fragen auf wie zum Beispiel: Steht Compliance den Unternehmen lediglich im Weg? Ist Compliance nur ein Thema für „gute Zeiten"? Soll in der Krise zum angeblichen Wohl der Unternehmen alles oder doch zumindest „etwas mehr an Korruption" erlaubt sein?

Von Ernst & Young wird gefordert, die Anti-Korruptionsmaßnahmen gerade in der aktuellen Krise zu verstärken. Die Studie zeigt jedenfalls, dass der Nutzen von Compliance zu großen Teilen noch nicht in das Bewusstsein der Unternehmen und ihrer Mitarbeiter gelangt ist und dass Compliance-Systeme an die Risiken der Krise auszurichten und anzupassen sind.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

2 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Sehr geehrte Frau Dr. Unger

Ist Compliance nur ein Thema für „gute Zeiten"?

Eine eher philosophische Frage welche mit einem klaren "Ja" zu beantworten ist. Existenzängste sind wissenschaftlich und nachgewiesenermaßen mit die größte Triebkraft der Menschen. Natürlich sind es in diesem Falle keine Todesängste - das spielt aber lediglich im Grad, jedoch nicht in der Sache an sich eine Rolle. Je stärker ausgeprägt Krisen sind desto mehr ist sich jeder selbst der nächste - das gilt sowohl für potentiell bestechende als auch fürpotentiell bestochene.

Wenn Compliance in solch einer Situation wirklich und absolut durchzuhalten wäre könnte man m.E. auch den Sozialismus oder gar den Kommunismus einführen.

Oder anders: Erst wenn man große Probleme hat und dann auch noch daran glaubt das der Staat nicht nur nicht die Ursache sondern gar die Lösung des Problemes für einen selbst beinhaltet
 - dann funktioniert Compliance auch in einer Krise.

In der Praxis wird es aber eher so aussehen, das der Staat als Teil des Problemes gesehen wird, man sucht sich eine eigene Lösung, und der Staat wiederum versucht einen darn zu hindern weil er de facto ja an sich selbst glauben muss.

 

Grüße

ALOA

0

Kommentar hinzufügen