Aktionärsschützer zeigen frühere Premiere-Chefs an

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 19.05.2009

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hat nach eigenen Angaben die früheren Vorstandschefs des Bezahlsenders Premiere, Georg Kofler und Michael Börnicke, angezeigt. Die Aktionärsschützer werfen den beiden Managern vor, sowohl beim Börsengang der Premiere AG 2005 als auch bei der Kapitalerhöhung 2007 unrichtige Angaben zur Klassifizierung, zur Zählweise und zur tatsächlichen Zahl der Abonnenten des Bezahlsenders gemacht zu haben. Außerdem beschuldigten sie Kofler und Börnicke laut einer Mitteilung vom 15.05.2009 des Insiderhandels und empfahlen Anlegern, Schadenersatzansprüche gegen die Manager prüfen zu lassen. Kofler wies die Vorwürfe am 15.05.2009 zurück. Börnicke war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Oberstaatsanwalt Anton Winkler sagte auf Anfrage, bislang liege keine Anzeige vor.

Rund eine Million Kunden weniger

Ende März 2009 zählte der Pay-TV-Sender nur noch knapp 2,4 Millionen Abonnenten. Der neue Premiere-Chef Mark Williams hatte im Herbst 2008 die alte Abonnenten-Zählweise von Kofler und Börnicke über Bord geworfen und den Kundenbestand so um rund eine Million bereinigt. Die SdK wirft dem früheren Management vor, Abonnements einberechnet zu haben, «die entweder überhaupt nicht relevant waren oder keine Umsatzerlöse mehr erwarten ließen».

Kofler verteidigt sich gegen die Vorwürfe

Kofler wehrte sich am 15.05.2009 in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) gegen die Vorwürfe. «Die Vorwürfe sind absolut haltlos. Unsere Berichterstattung war stets korrekt und zwar, was die Finanzzahlen angeht als auch, was die Abo-Zahlen angeht. Es war immer klar, dass Premiere eine Strategie verfolgte, die sich auf hohe Abozahlen konzentrierte.» Dem Unternehmen seien durch die unterschiedliche Klassifizierung keinerlei Nachteile entstanden. «Die Neuklassifizierung der Abonnenten hat dazu geführt, dass Premiere nicht einen Euro mehr umsetzt oder verdient als vorher.» Er habe auf die Strategie einen breiten Durchdringung gesetzt.

Vorwurf des Insiderhandels zurückgewiesen

Der Vorwurf des Insiderhandels grenze an «Rufschädigung», sagte Kofler. Er habe sich stets an die geltenden Vorschriften und Gesetze gehalten. «Ich werde mich dieser Debatte sehr offensiv stellen.» Kofler hatte 2002 bei Premiere das Ruder übernommen und den Sender nach der Sanierung 2005 an die Börse gebracht. 2007 hatte sich Kofler bei Premiere verabschiedet und an Börnicke übergeben. Seine Aktien hatte er zuvor verkauft.

Hintergrund: Namensänderung geplant

Premiere hatte am 14.05.2009 nach Millionenverlusten und Kundenschwund angekündigt, seinen alten Namen abzulegen und sich künftig Sky nennen zu wollen. Der neue Name soll im Juli 2009 in der Bundesliga-Pause eingeführt werden. Sky ist eine Marke des Premiere-Großaktionärs Rupert Murdoch, mit der seine Gesellschaft News Corp. bereits in anderen Ländern aktiv ist. Auch der Firmenname Premiere AG soll in Sky Deutschland AG geändert werden, sofern die Aktionäre zustimmen. 

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