Fahrerlaubnisverlust nach Trunkenheitsfahrt mit Fahrrad: Hätte der Fahrradfahrer vielleicht lieber die MPU lassen sollen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.05.2009

Der Fahrerlaubnisverlust nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad ist eine Konsequenz, die Nichtjuristen gerne ausblenden. Wer aber eine Trunkenheitsfahrt mit mehr als 1,6 Promille begeht, der muss damit rechnen. Fahrerlaubnisbehörden unterstellen hier regelmäßig pauschal fehlendes Trennungsvermögen. Das VG Oldenburg (Beschluss vom 24.03.2009 - 7 B 457/09) hat sich aktuell mit einem solchen Fall beschäftigt. Der Fahrradfahrer war hier durch das Strafgericht wegen Trunkenheitsfahrt (1,81 Promille) verurteilt worden. Daraufhin forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrradfahrer zu einer MPU auf, die aber eine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergab. Damit war klar: Die Fahrerlaubnis wird entzogen.

Das VG Oldenburg im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auszugsweise:

"Nach § 3 Abs. 1 StVG hat die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrzeugführer die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. .... Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfällt im Regelfall, wenn der Betroffene das Führen eines Kraftfahrzeuges und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht sicher trennen kann (Nr. 8.1 Anlage 4 zur FeV). ...Gemäß §§ 46 Abs. 3, 13 Nr. 2c FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung ihrer Entscheidung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn der Betroffene ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6‰ oder mehr führte.

Diese Voraussetzungen erfüllte der Antragsteller bei seiner Trunkenheitsfahrt...Entscheidend für die Beurteilung der Kraftfahreignung ist, ob vom Antragsteller ein Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV zu erwarten ist. Ein die Fahreignung ausschließender Eignungsmangel im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV (Missbrauch von Alkohol) liegt vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden kann (vgl. auch Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kapitel 3.11.1). .... kann das Führen eines Fahrrades unter Alkoholeinfluss Zweifel an der Kraftfahreignung wecken und Bedenken dahingehend erzeugen, dass künftig auch ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss geführt wird. Daher ist bei dem Gutachten nach § 13 FeV das Augenmerk darauf zu legen, ob aufgrund der alkoholisierten Verkehrsteilnahme mit dem Fahrrad Eignungszweifel deshalb bestehen, weil Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ebenso künftig das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. .... Das in der Vergangenheit liegende Verhalten ist lediglich der Grund dafür, weshalb die Kraftfahreignung kritisch zu überprüfen ist....Diese fehlt, wenn nach der zurückliegenden Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad und einem Blutalkoholgehalt von - wie hier - mehr als 1,6‰, ihren Begleitumständen sowie dem bisherigen und zu erwartenden Umgang des Betroffenen mit Alkohol die Gefahr besteht, dass er künftig auch ein Kraftfahrzeug unter unzulässigem Alkoholeinfluss führen wird. Bei einer Alkoholproblematik ist demgemäß eine grundlegende Einstellungs- und gefestigte Verhaltensänderung erforderlich, die einen Rückfall unwahrscheinlich erscheinen lässt. Denn für eine Trunkenheitsfahrt ist in der Regel ein falscher und unreflektierter Umgang mit dem Alkohol verantwortlich. Deshalb erfordert eine konsolidierte Einstellungs- und Verhaltensänderung eine nachhaltige, d. h. hinreichend motivierte und sich als ausreichend stabil erweisende Änderung des Alkoholtrinkverhaltens sowie eine Unterstützung dieses veränderten Trinkverhaltens durch eine entsprechende tiefergehende und umfassende selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Fehlverhalten und dessen Ursachen sowie die Entwicklung eines entsprechenden Problembewusstseins ... Ein hoher festgestellter Blutalkoholgehalt allein reicht jedoch noch nicht aus, um eine Fahrungeeignetheit annehmen zu können. Die negative Prognose des Antragsgegners in seinem Bescheid vom 26. Januar 2009 ist indes auf der Grundlage des Gutachtens des Medizinisch-Psychologischen Instituts - Begutachtungsstelle für Fahreignung - des TÜV Nord vom 4. November 2008 nicht zu beanstanden. Es kommt zu dem Ergebnis, dass „zu erwarten" ist, der Antragsteller künftig „ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird". .....Auch sein nicht weiter substantiiertes Vorbringen, auf Feierlichkeiten keinen Alkohol mehr zu trinken, ist nicht geeignet, den erforderlichen gefestigten Einstellungswandel zu belegen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 21.5.2008, a. a. O.; ferner OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 7.3.2007 - 5 S 9.07 -, NJW 2007, 519)."

Wäre es taktisch besser gewesen, die Finger von der MPU zu lassen? Offenbar gab es ja keine weiteren Anhaltspunkte für fehlendes Trennungsvermögen. Oder macht man sich gerade dadurch (wodurch?) verdächtig?

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Wenn man die MPU sein läßt, macht man sich nicht verdächtig. Es wird aber die Ungeeignetheit unterstellt und dann die Fahrerlaubnis entzogen.

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