Zeugin Jehovas verweigert Geburtstagsglückwünsche - Kündigung!

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 12.05.2009

Über einen ungewöhnlichen Kündigungsrechtsstreit hatte vor kurzem das LAG München (Urteil vom 13.11.2008, Az: 2 Sa 699/08) zu befinden. Der klagenden Arbeitnehmerin war die Führung von Besuchergruppen übertragen worden. Bei Führungen anlässlich von Kindergeburtstagen sollte den Geburtstagkindern dabei immer gratuliert werden. Zuvor hatte sie den Namen und das Geburtsdatum festzuhalten. Diese Tätigkeiten verweigerte die Arbeitnehmerin: Als Zeugin Jehovas verbiete es ihre Religion, Geburtstage zu feiern. Ein Gratulieren verleihe der Führung den Charakter einer Geburtstagsfeier. Das könne sie nicht unterstützen. Darauf kündigte ihr der Arbeitgeber. Das LAG München hat diese Kündigung bestätigt. Zwar dürfe von Mitarbeitern nichts verlangt werden, was sie aufgrund ihrer Religion in schwere Gewissenskonflikte bringe. Die Glaubensfreiheit werde jedoch durch die der Klägerin aufgetragene Tätigkeit nicht übermäßig eingeschränkt. Ob Eltern und Kinder den Geburtstag feiern, hänge nicht davon ab, ob ihnen jemand bei einer Führung gratuliert oder ein Geschenk überreicht.

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3 Kommentare

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"Ob Eltern und Kinder den Geburtstag feiern, hänge nicht davon ab, ob ihnen jemand bei einer Führung gratuliert oder ein Geschenk überreicht."

Könnte man nicht genau daraus ableiten, dass es dann irrelevant ist, ob dem Geburtstagskind gratuliert wird?

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Ich denke, mit dem letzten Satz hat das LAG sich sprachlich etwas missverständlich ausgedrückt.

Letztlich geht es hier wohl um die Grenzen der negativen Religionsfreiheit. Sicher darf niemand gezwungen werden, seinen eigenen Geburtstag zu feiern. Die negative Religionsfreiheit schützt aber nicht davor, vollständig von den Gebräuchen anderer Weltanschauungen abgeschirmt zu werden und diese nicht zur Kenntnis nehmen zu brauchen. Mit anderen Worten: Es geht letztlich darum, dass die Klägerin nicht verhindern kann, dass andere ihren Geburtstag feiern. Dann ist aber die bloße Anerkennung dieses tatsächlich eingetretenen Umstandes nicht mehr religionsfreiheitlich relevant.

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stoffels schrieb:

Zwar dürfe von Mitarbeitern nichts verlangt werden, was sie aufgrund ihrer Religion in schwere Gewissenskonflikte bringe. Die Glaubensfreiheit werde jedoch durch die der Klägerin aufgetragene Tätigkeit nicht übermäßig eingeschränkt.

Wie kann man denn die schwere des Gewissenskonfliktes abschätzen um zu dieser Aussage zu kommen?

Mir scheint, es ging um das Gratulieren als Handlung der Arbeitnehmerin, nicht darum, durch ihre Einstellung anderen etwas vorzuschreiben. Andererseits kann die Religionsfreiheit einer Person nicht den vom Arbeitgeber im Voraus festgelegten Tätigkeitsbereich ohne gegenseitiges Einvernehmen verändern.

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