KBA-Jahresbericht 2008: Alkoholfahrten nehmen ab...dafür steigen die echten Drogenfahrten

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.05.2009

Auf der Internetpräsenz des Kraftfahrtbundesamtes www.kba.de findet sich aktuell der Jahresbericht 2008. Keine Angst: Sie ist als 70-seitige pdf-Broschüre schön aufgearbeitet und daher gut lesbar. Neben reinem Statistikwissen werden auch aktuelle Informationen (so etwa nochmals die Änderungen im BKat ab 1.2.2009) dargestellt. Aus meiner Sicht interessant: Die Rauschmittelfahrten haben einmal mehr insgesamt gesehen abgenommen, wenn auch nur wenig (vgl. S. 20 der Broschüre). Der Rükgang liegt allein an den reinen Alkoholfahrten: Gab es z.B. 2005 noch 214.000 Alkoholverstöße, so waren es 2008 "nur noch" 190.800.

Die echten Drogenverstöße nehmen dagegen stetig zu. Drogenverstöße gab es z.B. 2005 nur 27.900, 2008 aber schon 31.000.

 

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10 Kommentare

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Ein Bekannter von mir ist Arzt im Rettungsdienst; Ich sprach mit ihm darüber und er erzählte mir, dass Polizisten dank Wischtest & Co. heutzutage viel häufiger Blutkontrollen wg. Drogen als wg. Alkohol verlangen würden.

Daher denke ich (wie es nun mal immer bei den Statistiken ist), dass ein nicht geringer Teil des Anstiegs auf die bessere Ausbildung und Analysemethoden der Polizei zurückzuführen ist.

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Hurra Polizei!
Wir brauchen noch viel mehr Polizei, damit noch mehr Kontrollen stattfinden können. Mehr Kontrollen = stetig steigende Kontrolldelikte. Mehr Delikte = erhöhter Personalbedarf = mehr Polizei. Mehr Polizei = noch mehr steigende Kontrolldelikte. Freuen wir uns also jetzt schon auf die 140-seitige pdf-Broschüre für 2010. Und mach mit bei der Aktion: Pro Bürger ein/e PolizistIn. Außerdem müssen noch viel mehr Substanzen in das BtmG aufgenommen werden, am besten alle. Mehr Stoffe im BtmG: Bagatelldelikte = echte Drogenverstöße. So bekommen wir endlich die Statistiken, die wir brauchen, um rechtfertigen zu können, was wir tun. Es tut so gut zu wissen, dass wir nicht in einem Irrenhaus leben und von Idioten regiert werden.

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@Fingerbrenner,

Sie haben natürlich recht, die KBA-Statistik ist eine Hellfeld-Statistik, die nur die von der Polizei ermittelten Fälle aufführt. Da es sich um Kontrolldelikte handelt, spiegelt die Statistik nur die entsprechende Tätigkeit der Polizei wider. Eine Erhöhung der registrierten BtM-Fahrten bedeutet also zunächst nur, dass jetzt mehr von diesen Rauschfahrten aufgeklärt werden, ob es auch real mehr solcher Fahrten gibt, lässt sich derzeit kaum feststellen, da die Kontrolldichte sich noch stark verändert. Bei Alkoholfahrten sieht es etwas anders aus: Geht man davon aus, dass die Kontrolle von Alkoholfahrten etwa gleich stark erfolgt wie in den vergangenen Jahren, kann man aus dem Rückgang im Hellfeld  vielleicht wirklich einen Trend erkennen (der sich insofern auch deckt mit einem allg. Trend seit einigen Jahrzehnten), dass nämlich weniger Alkoholfahrten stattfinden. Das Dunkelfeld der Alkoholfahrten ist allerdings außerordentlich schwierig zu ermitteln.

@gonsior - Ihre Polemik hat einen wahren Kern, jedoch sieht es derzeit noch nicht so aus, als würde gerade im Straßenverkehr zu viel kontrolliert. Ehrlich gesagt, könnte das Risiko, im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen, aus meiner Sicht ruhig noch etwas abgesenkt werden. Außerdem: Würde die Kontrolldichte erhöht, würde dies sich wahrscheinlich auch auf das Verhalten auswirken, so dass der von Ihnen beschriebene Kreisschluss an dieser Stelle unterbrochen würde. Es ist besteht in D keineswegs eine Tendenz zu mehr Polizisten auf der Straße. Im Gegenteil, es ist in den letzten Jahren Personal eingespart worden.

Sie können beliebig viel Freiheit gegen Sicherheit eintauschen. Die Polizei macht eifrig mit, ich verspreche es Ihnen. Irgendwann haben Sie jedwede Freiheit verloren und dafür maximale Sicherheit. Dann dürfen wir endlich in aller Ruhe an Krebs sterben oder bei lebendigem Leibe im Seniorencenter verfaulen.

Ich muss mich natürlich korrigieren, wir werden nicht von Idioten regiert, sondern von rechtspopulistischen Verbrechern und ihren Statistiken.

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Herr Prof. Müller dürfte hier sicher recht haben - die Zahlen sagen über das Dunkelfeld wenig aus. Ich würde aber trotz sicher verbesserter Vortests für Drogenkonsum tippen, dass das Absinken bei Alkoholtaten bei gleichzeitigem Anstieg der Drogentaten doch auch den Gesamttrend widerspiegelt. Immerhin ist für den ersten Verdacht einer "Ruschmittelfahrt" der (oft sprichwörtliche) gute Riecher der Polizei ausschlaggebend....da staunt man immer wieder über die Fähigkeiten der Polizei. 

Ich wüsste nicht, woher das Erstaunen resultieren sollte. Zumindest in unserer Region kommt man nachts keine zwei Meter mehr mit dem PKW weit, ohne kontrolliert zu werden. Hierzu benötigt die Polizei auch keinen "guten Riecher", sondern einfach nur die Mittel, alles zu filzen, was sich bewegt - der rechtschaffene Bürger schläft natürlich um diese Zeit, von daher ist alles verdächtig. Dem subjektiven Eindruck von Herrn Müller, es würde derzeit nicht zu viel kontrolliert, kann nicht gefolgt werden. Je nach Region bekommt man bereits ein Lebensgefühl wie im Hochsicherheitstrakt.

Auch die vermeintliche Auflösung des Zirkelschlusses bei maximaler Kontrolldichte ist unplausibel. Sowas mag auf dem Papier stattfinden, doch die Lebenswirklichkeit zeigt doch, dass jedwede Häufung von Kontrolldelikten stets nur weitere Begehrlichkeiten bei den Verfolungsbehörden wecken. Am Ende steht ein extrem nervöser Apparat, so wie es das BKA heute schon ist, und der sich seine eigene Wirklichkeit schafft, um auf dieser Grundlage immer weiterreichende Befugnisse zu fordern.

Und einmal eingesetzte Beamte beschaffen sich ihre arbeitsplatzerhaltenden Fahndungserfolge, unabhängig davon, ob dass ursprüngliche Delikt noch zum Tragen kommt. Zur Not wird kurz vor der Ortsausfahrt gelasert, bis man genug zum Tippen hat. Die Stelle ist natürlich ein Unfallschwerpunkt, weil 1974 dort ein Sack Mehl umgekippt ist.

Erstaunen löst bei mir allenfalls die Fähigkeit der Polizei aus, auch armseligste Ermittlungserfolge auf groteske Weise aufzubauschen.

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Sehr geehrte/r Frau/Herr gonsior,

wenn es wirklich so ist wie Sie sagen und Sie jede Nacht kontrolliert werden, ohne dass man eine Unregelmäßigkeit bei Ihnen feststellen kann (Sie wären ja auch schön doof, wenn sie trotz der ständigen Kontrollen noch gegen irgendwelche Vorschriften verstießen), dann stellt sich mir die Frage, ob und warum Sie persönlich von der Polizei schikaniert werden. Es gibt solche Fälle von Schikane und wenn es wirklich so oft passiert, wie Sie sagen, dann könnte hier ein solcher Fall vorliegen, der möglicherweise eine Dienstaufsichtsbeschwerde rechtfertigt.

Ihre Antwort ("Sie können beliebig viel Freiheit gegen Sicherheit eintauschen. Die Polizei macht eifrig mit, ich verspreche es Ihnen. Irgendwann haben Sie jedwede Freiheit verloren und dafür maximale Sicherheit. Dann dürfen wir endlich in aller Ruhe an Krebs sterben oder bei lebendigem Leibe im Seniorencenter verfaulen.") auf meine Bemerkung, der Straßenverkehr dürfe ruhig noch sicherer werden, hört sich cool an. Aber sind Sie sicher, Sie könnten das auch Eltern eines im Straßenverkehr verunglückten Kindes direkt ins Gesicht sagen?

Beste Grüße, ich wünsche Ihnen allzeit gute Fahrt

Henning Ernst Müller

 

 

Die Kontrolldichte hat sich nunmal so erhöht, von daher liegt kein Fall von persönlicher Verfolgung vor. Es trifft andere im gleichen Maße, die zu gewissen Zeiten das Pech haben, die einzigen Verkehrsteilnehmer zu sein - häufig sogar mehrmals pro Fahrt. Das ist unerträglich für die Bevölkerung und kann auch dann nicht mit Gründen der Verkehrssicherheit gerechtfertigt werden, nur weil hierbei denknotwendigerweise auch vereinzelte "Rauschfahrten" aufgedeckt werden. Ich fasse Ihre Frage aber gar nicht als ernstgemeinte Sorge um die geschilderten Zustände auf, sondern als Versuch, meine Generalkritik in einer Weise zu individualisieren, die es Ihnen ermöglicht, sich darüber zu erheben und es leicher als irrelevantes Partikularinteresse abtun zu können.

Auch Ihre emotionalisierende Frage nach den Eltern verunglückter Kinder enttäuscht mich. Abgesehen davon, dass derartig populistische Totschlagargumente beliebig sind und sich losgelöst vom status quo zu jedem Zeitpunkt vorbringen lassen, bis tatsächlich die letzte Freiheit abgeschafft ist und wir alle in einer hermetisch abgeschlossenen und gänzlich risikobefreiten Kunstwelt vegetieren, fragen wir doch auch aus gutem Grund beispielsweise nicht die Angehörigen von Mordopfern, wie mit den TäterInnen zu verfahren ist. Vielmehr gilt es einzusehen, dass das Leben mit Risiken behaftet ist. Wer hier auf Aktionismus verzichtet und sich den beständigen Forderungen der Verfolgsungsbehörden entgegenstellt, ist stark. Wer aber stark und mit repressiver Hand erscheinen will, ist hingegen schwach.

Gegenwärtig leidet unsere Republik unter der schwächsten Politik seit annähernd 40 Jahren.

Ich gehe davon aus, dass Sie ebenfalls JuraBlogs rezipieren, daher gestatte ich mir themenübergreifend auf den beachtenswerten und vielfach verlinkten Artikel von Lorenz Maroldt im Tagesspiegel http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Titelseite-Paintball;art692,2793975 zu verweisen, der deutlich macht, wie es aussieht, wenn der Staat (gemeint ist allerdings die Regierung) zum Problem wird.

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Sehr geehrte/r Frau/Herr gonsior,

ich glaube, Sie haben zuerst den von Ihnen kritisierten Diskussionsstil hier in die Debatte eingeführt, nämlich ein individuelles Problem geschildert ("unerträgliche" Kontrolldichte an Ihrem Ort, #6) und emotionalisierende  Totschlag"argumente" (#4: "Krebs", "verfaulen" #6: "Hochsicherheitstrakt") als Antwort auf ein sachliches Argument meinerseits (Es sind in D eher weniger als mehr Polizeibeamte als früher auf der Straße, weil Personal eingespart wurde) angeführt. Wenn Sie möchten, können wir sachlich über das hier verhandelte Thema (polizeiliche Kontrollen und deren Ergebnisse im Straßenverkehr) diskutieren, beschimpfen lasse ich mich nicht.

Wie schon oben angedeutet, sehe ich durchaus einen Unterschied zwischen Kontrollen im Straßenverkehr einerseits, die ich für richtig und notwendig halte, da es leider viele Menschen gibt, die ihre Verhaltensweisen im Rausch und ihre Emotionen nicht im Griff haben und mit großen und schnellen Fahrzeugen großen Schaden anrichten können, und etwa einem allg. Ausbau der Kontrolle und Überwachung andererseits, den ich auch eher kritisch sehe, wie Sie an meinen sonstigen Beiträgen hier im Blog erkennen können.

Natürlich ist das Leben mit Risiken behaftet, keiner leugnet das; zugleich ist es Teil der menschlichen Vernunft, erkannte Risiken möglichst zu minimieren.

Den lesenswerten Artikel aus dem Tagesspiegel, den Sie empfehlen, habe ich auch in der hiesigen Paintball-Diskussion, wo er noch besser passt, verlinkt.

Gruß zur Nacht

Henning Ernst Müller

 

 

Den Paintball-Artikel habe ich bewusst als Analogie zum amoklaufenden Kontrollwahn in Deutschland angeführt. Dass es einen Unterschied zwischen Farbbällchen und Verkehrskontrollen gibt, ist trivial; interessanter sind die Gemeinsamkeiten insbesondere im Hinblick auf vermeintliche Sicherheitspolitik in Abgrenzung zur schädlichen Einschränkung der Freiheit; in beiden Fällen zeichnen sich Entwicklungen ab, die weit von jeder vernünftigen Risikominimierung entfernt sind.

Da Sie weiterhin motiviert sind, die Sache zu individualisieren, will ich Ihnen den Gefallen tun und meine individuelle Anpassungsreaktion auf die genannten Zustände schildern: ich werde nun nicht mehr Nacht für Nacht kontrolliert, da mir die ständigen Polizeikontrollen auf die Nerven gingen und ich deswegen nachts zuhause bleibe (obwohl mir nächtliche Spazierfahrten früher Freude und Entspannung brachten). Das Polizeiproblem habe ich also - wie viele Andere hier in der Region - durch einen Verzicht auf Ausübung der Freiheit gelöst, denn eine Freiheit ist als solche keine, wenn man bei jedem zurückgelegten Meter überwacht und in vorhersehbarer Weise eine rote LED-Schrift im Rückspiegel lesen kann.

Hierzu fällt mir als (weitere) Analogie nur die Feststellung des BVerfG ein, welches vor langer Zeit zutreffend erkannte, dass schon das Bewusstsein in der Bevölkerung über die technische Möglichkeit, Telefongespräche abhören zu können, eine Verhaltensänderung herbeiführt, die mit unserer freiheitlichen Grundordnung unvereinbar ist (spätetestens seit dem G-10-Gesetz sind derartige Überlegungen wohl obsolet geworden). Ich hoffe, die Parallele wird dennoch deutlich, ohne dass mir als nächstes geantwortet wird, Sie könnten Unterschiede zwischen Verkehrskontrollen und abgehörten Telefonaten sehen (das kann ich auch), oder aber dass der Bürger nunmal mit Verkehrskontrollen zu rechnen habe (was von mir nicht grundsätzlich bestritten wird).

Mir geht es um den Zustand allgemeiner und ständiger Überwachung, unter dem Sie scheinbar (noch) nicht leiden, sehr viele andere Menschen aber durchaus. Diesem Zustand halten Sie eine Anzahl von Verkehrstoten entgegen, worauf ich Ihnen sage, dass angesichts milliardenfacher Fahrten pro Jahr die Zahl der Verkehrstoten verschwindend gering ist (weit unter 0.00001%), so dass angesichts des schieren Fanatismus deutscher Ordnungs- und Verfolgungsorgane kein wirkliches Bedürfnis nach "noch mehr Sicherheit" besteht - vor allem nicht, wenn man sieht, wie zweifelhaft derartige Maßnahmen umgesetzt werden und welche Folgen sie auf unser Selbstverständnis haben.

Zur allgemeinen Personalentwicklung der Polizei habe ich keine Aussage gemacht, da mir keine Zahlen vorliegen - ich beziehe mich auf tatsächlich durchgeführte Maßnahmen und deren fragwürdige Auswirkungen, überdies sollte der Zusammenhang zwischen Statistiken und den beständigen Forderungen nach Aufstockung des Personals deutlich geworden sein. Schon jetzt haben wir eine bedenkliche Auswirkung von willkürlich durchgeführten Kontrollen auf die Datenbasis kommender Statistiken; ich denke hierbei etwa an die generelle "Erfahrung" der Polizei, dass junge Männer zwischen 20 und 30 prinzipiell verdächtiger sind, als andere Menschen; die Zuwächse bei Kontrolldelikten verlaufen numehr entsprechend der Erwartungshaltung und verzerren die Lageauswertung, was wiederum Grundlage für kommende Einsätze und die "Erfahrung" der Polizei schafft.

Ähnlich verhält es sich, wenn Kriminalisierung willkürlich geschaffen und beispielsweise bei Vorliegen selbst geringfügigster Spuren Cannabis ein regelmäßiger Konsum mit Bezug zum Straßenverkehr unterstellt werden kann (nein, ich bin kein Betroffener). Natürlich werden die Schnelltests mit wachsenden technischen Möglichkeiten immer hysterischer, und schon jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, der vor wenigen Jahrzehnten noch Stoff für eine Dystopie gewesen wäre: der Positivtest auf Opiate, weil man so verwegen war, zum Frühstück ein Mohnbrötchen zu verzehren. Viel Spaß auf der Wache, und zwar buchstäblich bis der Arzt kommt. Natürlich alles aus Gründen der Verkehrssicherheit. Den Einstich merken Sie kaum, und danach sind Sie ja entlastet. Recht auf körperliche Unversehrtheit: muss hinter dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit auf Sicherheit zurückstehen, völlig klar. Heftpflaster gibts gratis.

Wenn wir etwas nicht brauchen, dann ist es noch mehr Polizeiwahnsinn.

Dass Sie sich an irgendeiner Stelle meines vorherigen Textes persönlich beschimpft fühlten, nehme ich mit Befremden und Bedauern zur Kenntnis. Ich denke mal, als Rechtswissenschaftler und Professor sollte man die notwendige Gegenpolemik zum ständigen Trommelfeuer differenzierter aufgreifen, anstatt mit "Aber was sagen wir der Mutter, die ihr Kind verlor?".

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