Anrechnung der Geschäftsgebühr – die Front bröckelt
von , veröffentlicht am 17.04.2009Nachdem in der Folge der umstrittenen Rechtsprechung verschiedener Senate des BGH in der Frage der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr sich die Oberlandesgerichte überwiegend dieser Auffassung angeschlossen haben, lediglich das Kammergericht noch standhaft eine andere Meinung vertrat, hat das OLG Bremen im Beschluss vom 20.02.2009 - 2 W 13/09 - sich auf die Seite derer gestellt, die die rigorose hälftige Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, gleichgültig, ob die Geschäftsgebühr überhaupt dem Mandanten in Rechnung gestellt wurde usw., ablehnen. In dem der Entscheidung des OLG Bremen zu Grunde liegenden Ausgangsfall war keine Geschäftsgebühr angefallen, weil der vorgerichtlich tätig gewordene Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit dieser für die vorgerichtliche Tätigkeit eine Pauschalvergütung nach § 4 RVG vereinbart hatte. Eine solche Vereinbarung lässt sich nach dem OLG Bremen als zulässiger ausdrücklicher oder zumindest konkludenter Verzicht des Anwalts auf die Geltendmachung von Geschäftsgebühren gegenüber seiner Auftraggeberin auslegen. Damit sei eine Geschäftsgebühr im Sinne der Anrechnungsvorschrift nicht „entstanden".
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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5 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenra.ströcker kommentiert am Permanenter Link
Nun wird es sicherlich nicht lange dauern, bis ein Gericht auf die Idee kommt, daß es sich bei dem vom OLG Bremen entschiedenen Fall um einen Fall der Umgehung der Anrechnungsvorschriften handelt und dann fiktiv eine Geschäftsgebühr zugrundelegt und in Ansatz bringt.
RA Munzinger kommentiert am Permanenter Link
Ich habe schon im April 2007 die Auffassung vertreten, dass der BGH mit seinem "Anrechnungsbeschluss" auf dem Holzweg ist. Als Hauptargument führe ich an, dass die Anrechnungsvorschrift im Verhältnis Rechtsanwalt-Mandant zum Tragen kommt, nicht aber im Rahmen der §§ 90ff ZPO im Verhältnis zur gegnerischen Partei, es sei denn die vorgerichtlichen Kosten wurden als Nebenforderung geltend gemacht.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
VIII ZB 17/09 RVG VV Vorbemerkung 3 Abs 4; RVG VV Nr 2300; RVG VV Nr 3100 Zur Frage, ob die teilweise Anrechnung einer ggfs. fiktiven vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr auch dann zu erfolgen hat, wenn die anwaltliche vorgerichtliche Tätigkeit nicht nach Maßgabe der gesetzlichen Gebühren, sondern im Wege eines Pauschalhonorars (Hausanwälte) vergütet wurde.
Der BGH ist bereits mit dem Thema befasst.
Unabhängig davon mag man sich fragen, welchen Vorteil die Vereinbarung einer Pauschalvergütung vermittelt? Was kann von dieser Pauschalvergütung im Klagewege geltend gemacht werden? Wird durch eine derartige Vereinbarung in jedem Fall eine Teilanrechnung ausgeschlossen oder kann diese u.U. auch zu den Regelungen in einer solchen Vereinbarung gehören und ggf. wann wurde die Vereinbarung geschlossen? Da mag man durchaus einmal genauer hinsehen. Für den kostenbewußten Mandanten erschließen sich die Vorteile einer Pauschalvergütung nicht auf Anhieb. Allein die Nichtanrechnung, sofern sich diese durch die Vereinbarung vermeiden ließe, vermittelt dem Mandanten jedenfalls noch keinen Vorteil. Der Anwalt wiederum erweist sich einen Bärendienst, wenn er mit Blick auf einen möglichen Prozess eine ihm nachteilige Pauschalvereinbarung für die vorgerichtliche Vergütung abschließt. Königswege sehen m.E. anders aus.
Verena Frank kommentiert am Permanenter Link
Muss leider dumm nachfragen, woher, Herr Kollege Schmeding, haben Sie das bezeichnete Urteil? Weder bei dem BGH Entscheidungen noch über Google war dieses zu finden. Oder hatte ich Ihren Kommentar falsch verstanden, dass es sich um ein BGH Urteil handelte wegen des Satzes
Der BGH ist bereits mit dem Thema befasst.
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Kollegiale Grüße,
V.F.
Stefan Schmeding kommentiert am Permanenter Link
Es handelt sich um eine bei dem BGH Anhängige Rechtsbeschwerden in Kostensachen - daher ist befasst.