EU-Führerschein andersrum? Gute Idee eines Verteidigers - geht aber wohl nicht, oder?!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.04.2009

Von einem Verteidiger habe ich einen eigentlich ganz klaren Sachverhalt zur Fahrerlaubnisentziehung übermittelt bekommen. Der Verteidiger meinte, dass wäre doch was für das Blog, da er einen kreativen Verteidigungsansatz gefunden haben will:

"Es geht um die Entziehung einer FE. Die Betroffene ist deutsche Staatsangehörige mit deutscher FE und arbeitet seit zwei Jahren in Spanien. Sie hat dort Ihren ordentlichen Wohnsitz. Eine Umschreibung Ihres deutschen Führerscheins auf ein spanisches Führerschein hat sie selbstverständlich nicht für erforderlich gehalten, da sie aus einem anderen Mitgliedsstaat stammt. Nun kam es wie es kommen musste und die Dame wurde in der BRD bei einem kurzen Urlaubsaufenthalt mit Alkohol am Steuer mit 1,29 BAK erwischt. Folgen: Entziehung der FE für den Bereich der BRD und Europa.

Einspruch wendet sich nur gegen Europaverbot mit folgender Argumentation. Es handelt sich zwar um eine deutsche FE aber wäre die Betr. im Besitz einer span. FE gewesen, so hätte ihr hier in der BRD nur die Möglichkeit aberkannt werden drüfen, in der BRD ein KFZ zu führen. Da sie jedoch im Besitz einer deutschen FE war, kann sie nach der Entziehung auch nicht in Spanien ein KFZ führen. Diese Ungleichbehandlöung kann doch nicht richtig sein oder?"

Ich meine: Die Idee ist kreativ und intelligent! Die Fahrerlaubnisentziehung halte ich aber trotzdem für unproblematisch möglich. Es ist ja eine in Deutschland erteilte FE, die EG-/EWR-weit anerkannt wird. Wird sie in Deutschland entzogen, wird natürlich auch die "Anerkennungswirkung" entzogen.

Vielleicht sehen das die Blogleser aber auch anders. Mich würde es mal interessieren!

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8 Kommentare

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ich halte das für schlüssig. Es ist Sache des Gastlandes zu entscheiden, ob sie dort noch fahren darf oder nicht. Was wäre denn, wenn der Tatbestand bei uns zwar zur Entziehung der FE führt, im Gastland jedoch nicht?

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Ich bin der Auffassung, dass diese Konstellation bei dem europäischen Übereinkommen über den Entzug der FE gänzlich unberücksichtigt blieb. Doch dies kann nicht folgerichtig bedeuten, dass auch ein Fahrverbot für Europa damit einhergehen muss.

Gerade wegen der Tatsache, dass man doch innerhalb der EU seinen Wohnsitz frei wählen kann und die Anforderungen hier (mehr als 185 Tage) erfüllt sind, müsste eine an das Übereinkommen angelehnte Auslegung dazu führen, dass ein Fahrverbot nur für die BRD auszusprechen ist.

 Denn im Verhältnis zwischen Personen, denen die Fahrerlaubnis in ihrem eigenen Land entzogen wird, und Personen, denen die Fahrerlaubnis in einem anderen Land entzogen wird als dem, in dem sie ihren ordentlichen Wohnsitz haben, findet eine Ungleichbehandlung statt. Im ersten Fall führt der Entzug der Fahrerlaubnis dazu, daß deren Inhaber in keinem Land mehr fahren darf, in dem ihm dies aufgrund der Fahrerlaubnis zuvor gestattet war. Im zweiten Fall jedoch gilt der Entzug lediglich in dem Land, in dem er verhängt wurde, und lediglich so lange, wie sich die betreffende Person in diesem Land befindet; folgerichtig müsste doch der Führerschein, wenn er von den Behörden dieses Staates eingezogen wurde, der betreffenden Person beim Verlassen dieses Landes zurückgegeben werden!?

 

 

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Spanien Kenner schrieb:

Übrigens sie kann sich mit einer Karteikartenabschrift in Spanien ein Ersatzdokument ausstellen lassen.

 

Moment, bedeutet das wenn man einen solchen Abschnitt hat sich, wenn man in Spanien wohnt einen neuen FS holen kann, auch wenn er vorher in Deutschland entzogen worden ist?

 

Gruß

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Am gerechtesten wäre wohl eine einheitliche europäische Fahrerlaubnis und natürlich einheitliche Regeln zu ihrer Entziehung. Solange es das nicht gibt, wird man mit "Krücken" auskommen, die immer die eine oder andere "Ungleichheit" bereithalten. Aber ist es wirklich so himmelschreiendes Unrecht? Ich finde, Alkoholfahrer gehören nicht auf die Straße, ob in Spanien oder in Deutschland.

Vergleichsweise viel aufregender ist die eklatant unterschiediche Einstellungspraxis der (Jugend-)Staatsanwaltschaften in verschiedenen Bundesländern desselben Staates, nämlich unserer Bundesrepublik.

Beste Grüße
Henning Ernst Müller

 

@ Nr. 4:

Dr. Müller, ist das ernst gemeint?

Vgl. Art. 83 GG: Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt.

 

Eine unterschiedliche Handhabung bei dem Gesetzesvollzug in ihren eigenen Angelegenheiten ist also gerade vorgesehen. Solange keine Ermessensüberschreitung vorliegt will und setzt das Grundgesetz also gerade Unterschiede voraus.

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Sehr geehrter Herr Rufer in der Wüste,

natürlich ist das ernst gemeint, ich rede nicht von Rechtsbeugung oder Verfassungsverletzung, sondern von einer Praxis, die innerhalb eines Staates, unter Anwendung desselben Gesetzes zu erheblichen Ungleichheiten führt. Eben die von mir genannten Ungleichheiten werden von vielen Rechtswissenschaftlern beklagt und es gibt Versuche, durch Richtlinien ("Diversionsrichtlinien") das Einstellungsverhalten der Staatsanwaltschaften zumindest innerhalb eines Bundeslandes zu vereinheitlichen. Aber es ist doch so, dass ein Jugendlicher in Bayern mit einer erheblichen Sanktion rechnen kann, während das Verfahren wegen derselben Tat in Hamburg sanktionslos eingestellt werden würde. Warum sollte man das nicht ernsthaft kritisieren dürfen? Ich weiß, dass es dafür Gründe gibt, die gibt es ja für die europäische Verwirrung um Fahrerlaubnisse auch.
Ich habe das hier lediglich als Vergleich angeführt, dass eben unterschiedliche Rechtsanwendung selbst in einem Staat Ungleichheiten zur Folge hat.

Besten Gruß

Henning Ernst Müller

@Prof. Dr. Müller:

Ich kann ihnen da nur recht geben. Die unterschiedliche Rechtsprechung in den Bundesländern sorgt schon für Diskrepanzen. Bewohner des Saarlands z.B. können ihren EU-FS problemlos umschreiben, da man dort weitesgehend der Rechtsprechung des EuGH folgt. Versuchen sie das mal in NRW. Es ist erstaunlich wie die Richter des OVG Münster das letzte Urteil des EuGH vom 26.06.08 interpretieren. Selbst der BGH hat in seinem Urteil vom 11.09.2008 klargestellt, dass keine Prüfkompetenz betr. der Wohnsitzerfordernis besteht. Aus der Pressemeldung, Zitat:

Sie dürfen dabei auch nicht von sich aus mit dem Ziel, die Anerkennung zu versagen, Ermittlungen anstellen, ob der betreffende Führerscheininhaber in dem Mitgliedstaat, in dem er die Fahrerlaubnis erworben hat, einen Wohnsitz hatte, wie es nach der Führerscheinrichtlinie Voraussetzung für die Erteilung der Fahrerlaubnis ist.

Trotzdem wird fleißig weiter gewurschtelt.


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