EuGH-Generalanwalt Mazák: Riester-Rente mit EG-Freizügigkeitsrecht unvereinbar

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 01.04.2009

Generalanwalt Mazák hält Teile der Riester-Rente für mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar. Das geht aus seinen Schlussanträgen vom 31.3.2009 in der Rechtssache C-269/07 (Kommission/Deutschland) hervor.

Nach § 95 Abs. 1 EStG steht es einer "schädlichen Verwendung" der Zulage gleich, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht des Zulageberechtigten durch Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet. Wer also Riesterförderung in Anspruch genommen hat, seinen Wohnsitz aber später ins (EG-)Ausland verlegt, muss die auf das ausgezahlte geförderte Altersvorsorgevermögen entfallende Zulage und die nach § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellten Beträge zurückzahlen.

Der Generalanwalt plädiert in seinem Schlussantrag dafür, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland durch Einführung und Beibehaltung der Vorschriften zur ergänzenden Altersvorsorge in den §§ 79 bis 99 EStG gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 39 EG, Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68, Art. 18 EG und Art. 12 EG verstoßen hat, soweit diese Vorschriften

  • Grenzarbeitnehmern und ihren Ehegatten die Zulageberechtigung verweigern, sofern sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind;
  • Grenzarbeitnehmern das Recht verweigern, das geförderte Kapital ihrer Altersvorsorge für die Anschaffung oder Herstellung einer eigenen Wohnzwecken dienenden Wohnung zu verwenden, sofern diese nicht im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland belegen ist;
  • vorsehen, dass die Altersvorsorgezulage bei Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht in der Bundesrepublik Deutschland zurückzuzahlen ist.

Nach Auffassung des Generalanwalts handelt sich bei der Riester-Rente nicht um eine steuerliche, sondern um eine soziale Vergünstigung. Diese dürfe nicht dem Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer widersprechen. Deswegen dürfe die Riester-Rente Grenzarbeitnehmern nicht verweigert werden, weil diese in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig seien. Unzulässig sei auch, dass das geförderte Kapital nur zur Anschaffung einer Wohnung in Deutschland verwendet werden dürfe. Die Regelung, dass bei einem Ende der unbeschränkten Steuerpflicht die Altersvorsorgezulage wieder zurückzuzahlen sei, sei ebenfalls nicht legal.

Das Plädoyer von Generalanwalt Mazák kommt nicht überraschend. Experten hatten von Beginn an darauf hingewiesen, dass die Freizügigkeit mittelbar beschränkt wird, wenn Rentner z.B. bei einem Umzug nach Mallorca die Riesterförderung zurückerstatten müssen. Das Bundesfinanzministerium hält - wohl v.a. aus fiskalischen Gründen - an seiner gegenteiligen Auffassung fest.

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