Holzklotz-Fall: Gutachter hält Geständnis für glaubwürdig

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 26.03.2009

Das Gutachten des mutmaßlichen Holzklotz-Werfers von Oldenburg ist nach Ansicht des renomierten Berliner Aussagepsychologen Max Steller glaubwürdig (hier im interessierenden Zusammenhang noch ein Link). Die Schilderung vor der Polizei enthalte viele Details, die damals in der Öffentlichkeit nicht bekannt gewesen seien. "Das Geständnis muss eine Erlebnisgrundlage haben." Nach Auffassung des Gutachters stand der Angeklagte während seines Geständnisses bei der Polizei nicht unter Druck; zudem sei er keine leicht beeinflussbare Persönlichkeit, die leicht zu Falschaussagen zu bewegen sei. Auch sei nicht zu erkennen, dass die Angst vor Entzugserscheinungen zu einem falschem Geständnis geführt habe.

Der drogensüchtige 31-jährige Angeklagte hatte zunächst zugegeben, am Ostersonntag 2008 einen Holzklotz auf die A 29 geworfen zu haben. Dabei war eine zweifache Mutter ums Leben gekommen. Später widerrief er sein Geständnis - und im Blog haben wir darüber diskutiert, was ein Geständnis wert ist.

Am Dienstag ließ der Angeklagte dem Gericht Briefe übergeben, in denen er den Mordvorwurf zurückweist. Er habe prominent werden wollen und sei zudem von der Polizei unter Druck gesetzt worden. Auch habe er die Tat auf sich genommen, um den Sohn einer Bekannten zu entlasten. So habe er die Frau beeindrucken wollen.

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4 Kommentare

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In der soeben erschienenen Festschrift für Ulrich Eisenberg befasst sich der Berliner Psychologe Max Steller nochmals mit dem Thema „Falsche Geständnisse bei Kapitaldelikten. Praxis – Der Fall Pascal“ (S. 215 ff). Die Psychiaterin Renate Volbert behandelt die Grundlagen falscher Geständnisse bei Kapitaldelikten (S. 205 ff).

Besten Dank für diese Frage. Es freut mich, wie genau Sie meinem Beitrag gelesen haben:

1. Die Formulierung „glaubwürdig“ in Überschrift und Text geht zurück auf zwei Presseberichte (FAZ vom 25.3.2009 S.9 sowie Straubinger Tagblatt vom selben Tag), die ich dem Beitrag zugrunde gelegt habe. Maßgeblich war, dass die FAZ in der Überschrift zum Artikel glaubwürdig sogar in Anführungsstriche setzte. Demnach dürfte der Gutachter diese Formulierung gebraucht haben.

2. Im Rahmen der Glaubwürdigkeitslehre bildet die Aussageanalyse das zentrale Instrumentarium zur Beurteilung der speziellen Glaubhaftigkeit (= spezielle Glaubwürdigkeit). Früher war man der Meinung, für die Beurteilung der Aussage komme es hauptsächlich auf die (einwandfreie) Persönlichkeit an (allgemeine Glaubwürdigkeit), dagegen hält man heutzutage für entscheidend die spezielle Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage im Prozess. Bei der speziellen Glaubhaftigkeit spielen die Glaubwürdigkeitssymptome der Aussagesituation und der Motivation nur eine untergeordnete Rolle gegenüber den bei weitem beweiskräftigsten Kriterien der Aussageanalyse (entnommen Bender/Nack Tatsachenfeststellung vor Gericht, Band I Glaubwürdigkeits- und Beweislehre, 2. Aufl., 2. Kapitel 5. Abschnitt; zwischenzeitlich liegt die einbändige 3. Auflage vor, die ich aber im Moment nicht zur Hand habe).

Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 5.10.1993 – 1 StR 547/93 = StV 1994, 64): Bei der Prüfung einer Zeugenaussage kann Anlass bestehen, zwischen der allgemeinen und der speziellen Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu unterscheiden. Während letztere die Frage der Glaubwürdigkeit im Hinblick auf die Aussage zum jeweiligen Verfahrensgegenstand betrifft, betrifft die allgemeine Glaubwürdigkeit die Frage, ob man dem Zeugen hinsichtlich sonstiger Angelegenheiten außerhalb des Verfahrens grundsätzlich Glauben schenken kann. Die Klärung der allgemeinen Glaubwürdigkeit lässt noch nicht ohne weiteres generelle Schlüsse auf die spezielle Glaubwürdigkeit zu.

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