Strafverfahren, Kostentragungspflicht, Schulverweis - zum Umgang mit Nachahmungsdrohern

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 25.03.2009

Laut diesem Bericht auf Spiegel-Online sind zwei 14-jährige Mädchen aus Mannheim, die zwei Tage nach dem Schulamoklauf in Winnenden in ihrer Schule eine Bombendrohung verbreiteten, von der Schule verwiesen worden.

Neben dem eingeleiteten Strafverfahren, der wahrscheinlichen Kostentragungspflicht für den Feuerwehreinsatz also noch eine dritte schwere Sanktionierung der beiden Mädchen.

Die Begründung des stellvertretenden Schulleiters: "Die Mädchen brauchen Beistand", sagte Hirt. Sie seien erschrocken über die Konsequenzen. "Wir wollen die Mädchen nicht fallen lassen - aber die Schule musste angesichts der vielen Nachahmer ein Signal setzen."

Aus meiner Sicht ist diese Äußerung ein Armutszeugnis, denn sie lässt erkennen, dass die Schulleitung einerseits die pädagogische Unvernunft ihres Schrittes schon erahnt, andererseits aber meint, aus generalpräventiven Erwägungen müsse die Schule so handeln. Generalprävention ist übrigens nicht einmal ein Ziel des Jugendstrafrechts, umso weniger dürfte sie hier als Begründung herangezogen werden.  Dass man die Aufbereitung der möglichen Folgen der eigenen Entscheidung dann psychologischen Beratungsdiensten überlässt, macht die Zweifelhaftigkeit besonders deutlich.

Die Bombendrohungen und Amokdrohungen im Nachhall zu Winnenden sind natürlich gravierende Ereignisse, sie sind aber - anders als Schulamoktaten selbst -  eben keine echten Nachahmungen, sondern jugendtypische Reaktionen auf ein Ereignis, dem die Erwachsenenwelt hilf- und ratlos gegenübersteht und welches in den Medien auf eine übermäßige Art und Weise fehlverarbeitet wurde.

Es ist m.E. paradigmatisch für die fehlerhafte Behandlung dieses Ereignisses, wenn nun diese Meldung von Spiegel Online wiederum zum Anlass genommen wird, die Bilderstrecke zum Amoklauf (mitsamt Überschrift unter voller Namensnennung des Täters und dessen Bildnis) der Öffentlichkeit zu präsentieren. Diese Berichterstattung erscheint mir schädlicher als die Bombendrohung der beiden 14jährigen. Und sie wird von erwachsenen Personen verantwortet, nicht von gerade erst Strafmündigen.

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