Keine automatische Anwaltsbeiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe bei Umgangsstreitigkeit

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 24.03.2009

Der BGH hat im Beschluss vom 18.02.2009 - XII ZB 137/08 - der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte, wonach bei einer Entscheidung über das Umgangsrecht es sich im Allgemeinen um ein rechtlich und tatsächlich schwieriges Verfahren handelt, das im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Beiordnung eines Rechtsanwalts gebietet, einen Riegel vorgeschoben. Nach Auffassung des BGH ist eine einzelfallbezogene Prüfung vorzunehmen. Die Herausbildung von Regelsätzen, nach denen der mittellosen Partei für bestimmte Verfahren immer oder grundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen sei, sei nur in engen Grenzen zulässig. Zwar würden bei Umgangsstreitigkeiten Grundrechtspositionen der Eltern wie auch des Kindes berührt, daraus lasse sich jedoch weder generell noch als Regel herleiten, dass Umgangsstreitigkeiten besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art mit sich bringen und deshalb ausnahmslos oder doch im Regelfall die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfordern. Aus meiner Sicht geht die Entscheidung des BGH in die falsche Richtung. Jeder Anwalt, der Ehescheidungsverfahren bearbeitet, weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig der geregelte Umfang der sich trennenden Eltern mit den gemeinsamen Kindern in einer vielfach subjektiv als Lebenskrise erlebten Situation ist. Umfangsstreitigkeiten werden vielfach von den Parteien hochemotional geführt und sind für den Anwalt zeitaufwändig. Im Regelfall erwartet der Mandant, dass der Anwalt ihn auch bei dem subjektiv - und auch objektiv - hoch eingestuften Thema Umgang mit dem gemeinsamen Kind unterstützt. Die Entscheidung des BGH widerspricht daher aus meiner Sicht der verfassungsrechtlich gebotenen weitgehenden Gleichstellung von auf Prozesskostenhilfe angewiesenen Parteien mit der Partei, die ihre Rechte ohne Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe verwirklichen kann.

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