OVG Münster legt dem EuGH Frage zur Reichweite des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRBehG) vor

von Dr. Ludger Giesberts, LL.M., veröffentlicht am 18.03.2009

§ 2 Abs. 1 UmwRBehG sieht vor, dass in- und ausländische Umweltschutzvereinigungen vor den Verwaltungsgerichten gegen bestimmte Vorhaben nach § 1 Abs. 1 UmwRBehG vorgehen können. Hierzu müssen sie keine Verletzungen eigener Rechte geltend machen. Das ist eine neue Regelung. Jedoch ist nach § 2 Abs. 1 UmwRBehG erforderlich, dass die Umweltschutzvereinigung geltend macht, dass die Entscheidung über ein Vorhaben Vorschriften verletzt, die dem Umweltschutz dienen, drittschützend sind und für die Entscheidung von Bedeutung sein können.

Der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) hatte bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum UmwRBehG geltend gemacht, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRBehG nicht weitreichend genug ist und Vorgaben des Art. 4 Nr. 4 der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie 2003/35/EG sowie der Aarhus-Konvention verletzt habe. Auch objektive Vorschriften müssten im Rahmen der Verbändeklage zur Grundlage einer Entscheidungsanfechtung zugelassen sein. Die Auseinandersetzung beruht letztlich auf der Frage nach der richtigen Auslegung der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie, welche ein hinreichendes Interesse oder eine Rechtsverletzung für den Zugang zu den Gerichten als Grundlage einer Klagebefugnis verlangt. Die Regelung, dass auch eine Rechtsverletzung Klagebefugnisvoraussetzung sein können muss, geht insbesondere auf deutsche Initiativen zurück und erklärt sich aus dem Konzept des Schutzes subjektiver Rechte im Verwaltungsprozessrecht. Allerdings macht die Richtlinie deutlich, dass Ziel möglichst breiter Zugang zu den Gerichten sein soll.

Der BUND richtet sich nun mit einer Klage gegen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid und eine Teilgenehmigung der Bezirksregierung Arnsberg für das Steinkohlekraftwerk in Lünen. Mit dem OVG Münster (Az: 8D 58/08 AK, Presseerklärung vom 5.3.2009) legt erstmals ein Gericht dem EuGH die Frage vor, ob die nationale Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie 2003/35/EG durch das UmwRBehG den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Die Entscheidung ist mit Spannung zu erwarten, da sie besondere Bedeutung für die Weiterentwicklung von Rechtsbehelfen im Umweltrecht, aber auch für das ganze Verwaltungsprozessrecht, haben kann. Siehe hierzu auch Ludger Giesberts, Rechtschutz im Wasserrecht - Die Umsetzung der Aarhus-Konvention durch das UmweltRBehG, in: Michael Reinhardt (Hrsg.), Wasserrecht im Umbruch, 117 (136 ff.). Die „Reichweite" solcher Rechtsbehelfe ist für Investitionsvorhaben von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

RAe Dr. Ludger Giesberts, LL.M., und Dr. Thilo Streit, LL.M.

 

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Rechtssache C 263/08UUrteilvom 15.okt. 2009

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Aus diesen Gründen hat der

EU- Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Ein Projekt wie das im Ausgangsverfahren fragliche, das die Ableitung von in den Stromleitungstunnel eindringendem Wasser und die Einleitung von Wasser in den Grund oder das Gestein, um eine etwaige Grundwasserabsenkung auszugleichen, einschließlich der Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Ableitung und Einleitung betrifft, fällt unabhängig von der endgültigen Bestimmung des Grundwassers und insbesondere unabhängig von einer späteren Verwendung des Grundwassers unter Nr. 10 Buchst. l des Anhangs II der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung.

2.      Den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung muss es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte.

3.      Art. 10a der Richtlinie 85/337 in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung steht einer nationalen Rechtsvorschrift entgegen, die das Recht auf Anfechtung einer Entscheidung über einen Vorgang im Sinne dieser Richtlinie in geänderter Fassung Umweltschutzvereinigungen vorbehält, die mindestens 2 000 Mitglieder haben.

    

 

 

NGO`s   haben nach Auffassung des EUGH auch Klagerecht bei privaten Projekten, ob sie an einem Genehmigungsverfahren beteiligt waren oder nicht. Die Mitgliedsstaaten              habenanerkannten kleinen Verbänden   den Zugang zum Gericht zu ermöglichen.  Damit ist die Frage des OVG Münster an den EUGH in dieser Angelegenheit im Prinzip vorab beantwortet.

 

Im Verfahren gegen Holland ging es um die UVP`s.

Klare Feststellung, Holland muss auch bei kleinen Projekten umfangreiche UVP`s

durchführen. Die Mitgliedstaaten dürfen nicht mit pauschalen Schwellenwerten,

die zu hoch angesetzt sind, Umweltrichtlinien aushebeln.

In Verbindung mit dem Urteil gegen Schweden ergibt sich eine

entsprechende Brisanz. Nun kann jede NGO klagen, wenn umweltrelevante Prüfungen nicht oder nicht fachgerecht durchgeführt wurden und es dadurch zu Genehmigungen von Projekten gekommen ist.

Der Begriff Projekt ist nun sehr weit gefasst. Genehmigungsverfahren können sich nun jahrelang hinziehen. Dort wo der Erhaltungszustand schlecht ist oder das überwiegend öffentliche Interesse nicht vorhanden ist, wird  in und an FFH-Gebieten kaum noch ein Gewerbe zu betreiben sein. Die Umweltschadenhaftung lässt zusätzlich grüßen. Und Versicherer werden durch Solvency II solche Risiken bei der USV nicht mehr abdecken. Gewerbetreibende ohne entsprechenden Versicherungsschutz werden auch bei Banken entsprechend bewertet. Die Grundstücke sind dann auch nicht mehr beleihungsfähig.  Ein Teufelskreis für die Betroffenen.  

 

 

Die Schlussanträge der Generalanwältinnen der ausstehenden Urteile gegen Papenburg (Meyer Werft) und Frankreich (UGB), werden wohl in den jetzt behandelten Punkten gleich lautend ausfallen.

 

18 zum Teil in Betrieb befindliche und geplante Heizkraftwerke u.a. entlang der Lippe-Aue sind gefährdet, so Frau Ministerin Thoben vor 14 Tagen im Landtag NRW.

Der Baustopp des  EON Kraftwerks in Datteln hängt auch mit dem in 4.500 Meter entfernten FFH-Gebiet Lippe-Aue zusammen.

Folgt man der Rede von Frau Thoben, so gibt es auch keinen Bestandsschutz. Selbst in Betrieb befindliche Anlagen können nun beklagt werden. Man ist in NRW in heller Aufregung.

Nun zeigt der angebliche Papiertiger (FFH) seine Zähne.

 

Ohne Novellierung der Richtlinien bleibt den Akteuren vor Ort kaum noch Handlungsspielraum 

     

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