Warum stellt eine Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren eigentlich noch an den Verteidiger zu?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.03.2009

Diese Frage klingt sicher provokativ. Tatsache ist aber, dass bei der Zustellung an den Verteidiger neben den ohnehin schon existierenden Fehlerquellen bei der Zustellung weitere Fehlerquellen dazukommen. Im OWi-Verfahren führt dies dann regelmäßig zum Verjährungseintritt. Jüngstes Beispiel: Die Ersatzzustellung. Offenbar hatte der Zusteller in einem Fall des AG Pirmasens im Wege der Ersatzzustellung an den Verteidiger unter dessen Kanzleianschrift zugestellt, obwohl sich dieser noch in seiner Kanzlei befunden hatte. Das AG Pirmasens konnte so die Voraussetzungen der Ersatzzustellung nicht feststellen. Aus der Entscheidungsbesprechung des Richterkollegen Dr. Benjamin Krenberger in SVR 2009, 72 auszugsweise:

"Mit Urteil vom 26. 6. 2008 wurde das Verfahren wegen Vorliegens des Verfahrenshindernisses der Verjährung, §§ 26 Abs. 3, 24 StVG gemäß §§ 46, 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. 260 Abs. 3 StPO eingestellt und dem Betroffenen die Kosten und notwendigen Auslagen bis zum 3. 12. 2007, die Kosten und notwendigen Auslagen im Übrigen der Landeskasse auferlegt. Das Gericht stellte fest, dass mangels ordnungsgemäßer Zustellung die Verjährungsfrist nicht gemäß § 26 Abs. 3 StVG auf 6 Monate erweitert wurde (unter Hinweis auf Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Auflage, § 26 StVG, Rn. 7) und somit mit Ablauf des 30. 1. 2008 Verfolgungsverjährung eingetreten war. Eine ordnungsgemäße Ersatzzustellung erfolgte nicht gemäß §§ 51 OWiG, 3 VwZG, 177 ff. ZPO. Eine Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen des Verteidigers gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erfolgte nicht. Die Person, der zugestellt werden soll, darf dabei nicht angetroffen werden, was eine tatsächliche Begegnung und damit eine Prüfung durch den Zusteller erfordert. Hier jedoch beschränkte sich die Prüfung des Zustellers auf Augenschein und eine bloße Auskunft (unter Hinweis auf Thomas / Putzo, ZPO, 28. Auflage 2007, § 178, Rn. 5, 6). Die Entkräftung der nach § 415 Abs. 1 ZPO bestehenden Beweiskraft der Zustellungsurkunde erfolgte aufgrund der Beweisaufnahme. Der Zusteller hatte keine konkrete Erinnerung an den Zustellungsvorgang, insbesondere an mögliche Versuche, den Adressaten zu erreichen, und bekundete neben allgemeinen Ausführungen, dass bei Zustellung in Geschäftsräumen generell die Sendungen dort beschäftigten Mitarbeitern überlassen würden. Diese offensichtliche rechtliche Fehleinschätzung des Instituts der Ersatzzustellung war dem Gericht zu Recht eine Erwähnung in den Urteilsgründen wert. Hingegen konnte die Kanzleimitarbeiterin die fehlende Bemühung des Zustellers um Kontakt zum Adressaten bekunden, dies allerdings auch, da sie eine explizite Anweisung erhalten hatte, solche Zustellungsfehler schriftlich zu vermerken, was auch geschah und dem Gericht vorgelegt wurde. Die Angabe des Zustellers, dass er eigentlich nie nach dem Adressaten direkt frage, wurde von der Mitarbeiterin bestätigt."

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen