VG Wiesbaden zur Vorratsdatenspeicherung - EuGH-Vorlage

von Dr. Axel Spies, veröffentlicht am 16.03.2009

Das VG Wiesbaden hat in einem aktuellen Beschluss (Beschluss vom 27.02.2009, Az. 6 K 1045/08.WI) die Datenspeicherung auf einem landwirtschaftlichen Internetportal als unverhältnismäßig beurteilt. Indirekt ging das Gericht auch auf die EU-RiLi zur Vorratsdatenspeicherung 2006/24 ein.

Interessant ist auch  der Verweis auf die EMRK. Der Einzelne gebe keine Veranlassung für den Eingriff, könne aber bei seinem legalen Verhalten wegen der Risiken des Missbrauchs und des Gefühls der Überwachung eingeschüchtert werden [...] Der nach Art. 8 ERMK zu wahrende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei durch die Richtlinie [zur Vorratsdatenspeicherung] nicht gewahrt, weshalb sie ungültig ist.  

Ausgangsfall ist die Klage eines hessischen Landwirtschaftsbetriebs gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten auf einem Portal, das Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) öffentlich einsehbar macht. Nutzer der Seite werden jedoch mit ihren persönlichen Daten von dem Betreiber der Seite protokolliert. Auf der Homepage des Bundesamtes für Landwirtschaft und Ernährung heißt es wörtlich "...Bei jedem Zugriff auf den Server werden Daten für statistische und Sicherungszwecke gespeichert. Für eine begrenzte Zeit wird die IP-Adresse des Internet-Service-Providers, Datum und Uhrzeit sowie die besuchte Internetseite gespeichert. Diese Daten werden ausschließlich zur Verbesserung des Internetdienstes genutzt und nicht an Dritte weitergegeben oder auf den Adressaten zurückführbar ausgewertet. ..." (http://www.agrar-fischerei-zahlungen.de/impressum.html).

Das Gericht argumentiert, dass "diejenigen Bürger, die überhaupt Zugang zum Internet haben und sich informieren wollen, werden gezwungen, sich einer Vorratsdatenspeicherung nach der Richtlinie 2006/24/EG auszusetzen." Die "ausschließliche Veröffentlichung [der Daten] im Internet" habe "abschreckenden Charakter."

Das VG Wiesbaden hat den Fall nun vorläufig ausgesetzt und dem EuGH mehrere wichtige Fragen zur Entscheidung vorgelegt. Der EuGH soll beispielsweise prüfen, ob die Speicherung der IP-Adressen der Benutzer einer Homepage ohne deren ausdrückliche Einwilligung, mit der allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie 95/46 vereinbar sei.

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2 Kommentare

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Die Vorratsdatenspeicherung ist ausserordentlich gefährlich für unseren Demokratischen Rechtsstaat.!
Die anhaltslose Speicherung der Telefonate, Emails und -internetzugriffe, sms - bei Handy mit Standort ist bei Ärzten, Strafverteidigern, Geistlichen und Journalisten eine unglaubliche Praxis, die die Stasi im der DDR bei Weitem übertrifft!
Ich sehe für einen Journalisten keine Möglichkeit mehr Quellen zu kontaktieren!
Ich sehe keine Möglichkeit mehr unerkannt eine psychologisch-Ärztliche Hotline zu kontaktieren!

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