"Gebührenfalle" Erledigung im Prozesskostenhilfeverfahren

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 27.02.2009

Dass Anwaltsgebühren in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, beispielsweise wenn es um eine Erledigungsgebühr geht, meistens nur sehr schwer zu verdienen sind, ist bekannt. Das OVG Berlin-Brandenburg hat im Beschluss vom 12.01.2009, Az. 10 M 56/08, aber noch eine regelrechte „Gebührenfalle" in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit offenbart, nämlich eine „Erledigung" des beabsichtigten Klageverfahrens im Rahmen eines vorgeschalteten Prozesskostenhilfeverfahrens. Nach dem OVG Berlin-Brandenburg ist dann für eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus Billigkeitsgründen auch bei Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs kein Raum. Allein für ein Prozesskostenhilfeverfahren werde Prozesskostenhilfe nicht bewilligt. Eine Erledigung des Rechtsstreits auf Anregung des Gerichts sei prozessual einem Vergleich im Erörterungstermin nicht gleichzusetzen. In dem zu Grunde liegenden Ausgangsverfahren war ein Klageentwurf mit Prozesskostenhilfeantrag mit dem Ziel der Durchführung eines Klageverfahrens gegen einen Leistungsbescheid eingereicht worden. Nach einem gerichtlichen Hinweis und einem gerichtlichen Vorschlag zur einvernehmlichen Erledigung des Verfahrens hielt jedoch die Behörde an diesem Leistungsbescheid nicht mehr fest, so dass die Beteiligten in der Folge den „Rechtsstreit" bzw. die „Sache" übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten. Nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg war dem Kläger zu Recht in dieser Verfahrenskonstellation Prozesskostenhilfe versagt worden. Um derartige Ergebnisse wie in dem vom OVG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall zu vermeiden, bleibt daher nur der Ratschlag, die Klage unbedingt einzureichen und parallel Prozesskostenhilfeantrag zu stellen.

 

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Allerdings fallen bei einer unbedingten Klageerhebung Gerichtsgebühren an. Wird später keine PKH bewilligt, fallen diese dem Mandanten als Antragsschuldner zur Last, es sei denn im Vergleich wird eine anderweitige Kostenregelung getroffen.

0

Es gibt Entscheidungen, die gibt es gar nicht.
Die Klage beim VG wird mit Einreichen der Klage rechtshängig. Da hier aber keine unbedingte Klage erhoben wurde, trat die Rechtshängigkeit nicht ein. Bei Bewilligung für PKH hätte Wiederseinsetzung gewährt werden müssen. Da es diese nicht gab, gab es kein verwaltungsgerichtliches Verfahren. Es hat die Behörde hier m.E. die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen. Oder aber es ist Beratunghilfe mit Erledigungsgebühr zu bewilligen. Denn ein gerichtliches Verfahren steht der Bewilligung nicht entgegen.

0

Ebenso OVG Münster, B. v. 12.01.2010 in 18 E 1195/09, nrwe mit weiteren Rechtsprechungshinweisen.

Leitsatz: Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist kein Raum, wenn sich die Hauptsache vor Klageerhebung bereits im PKH-Verfahren erledigt.

Aus den Gründen:

"Die Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe sind in der vorgenannten Konstellation nicht gegeben unabhängig davon, ob eine Klageerhebung noch erfolgen soll. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein nicht mehr beabsichtigtes Klageverfahren ginge ins Leere, so dass es dafür jedenfalls an einem schutzwürdigen Interesse fehlte. Den Antragstellern kann Prozesskostenhilfe auch nicht etwa mit Rücksicht darauf bewilligt werden, dass ihrem Prozessbevollmächtigten nach Nr. 3335 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für das Verfahren über die Prozesskostenhilfe ein Vergütungsanspruch zusteht. Hierbei handelt es sich nicht um Kosten des Klageverfahrens, sondern um Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens, für das Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann, denn unter Prozessführung i.S.v. § 114 ZPO ist ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht nur das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht aber das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren.

6

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. August 1990 - 5 ER 640.90 -, juris; BGH, Beschluss vom 30. Mai 1984 – VII ZR 298/83 -, BGHZ 91, 311; Senatsbeschluss vom 12. Mai 2009 – 18 E 510/09 -.

Sollten die Antragsteller eine Klage noch erheben wollen, was nach Aktenlage nicht der Fall ist, so wäre die nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO vorausgesetzte hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu verneinen. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist insoweit unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht der der Bewilligungsreife, sondern der der gerichtlichen Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch. Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Das rückwirkende Abstellen auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife verfolgt allein den Zweck, grobe Unbilligkeiten zu vermeiden und insbesondere den um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden vor solchen Nachteilen zu schützen, die eine von ihm nicht beeinflussbare Verzögerung der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag mit sich bringt. Der betreffende Grundsatz muss demnach seine Grenze in solchen Fällen finden, in denen der um Prozesskostenhilfe Nachsuchende des Schutzes deshalb nicht bedarf, weil Kosten für das beabsichtigte und bereits erledigte Klageverfahren bisher gar nicht angefallen sind.

8

Vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 11. Dezember 1991, a.a.O.

9

Das vorstehende Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass den Antragstellern Prozesskostenhilfe unter Umständen hätte bewilligt werden können, wenn die Klage bereits mit dem Prozesskostenhilfegesuch anhängig gemacht worden wäre. Zum einen liegt diese Voraussetzungen nicht vor, zum anderen entspricht das hier gewählte Vorgehen, zunächst lediglich einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag unter Vorlage eines Klageentwurfs zu stellen, in aller Regel den Interessen des Prozesskostenhilfe begehrenden Beteiligten an der Geringhaltung der Kosten."

(zitiert aus nrwe)

 

 

Kommentar hinzufügen