Krise: Geschäftsführer in der Pflicht (I)

von Dr. Ulrike Unger, veröffentlicht am 24.02.2009

Gerät eine GmbH in die Krise, treffen den Geschäftsführer - über die sonstigen Anforderungen hinaus - eine Vielzahl von weiteren Pflichten. Eine Verletzung dieser "Krisen"-Pflichten führt regelmäßig zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers, teilweise auch zu seiner strafrechtlichen Verfolgung. Insbesondere bei folgenden Konstellationen gilt es, erhöhte Sorgfalt walten zu lassen: beim Verlust des halben Stammkapitals, beim Eintritt der Insolvenz der Gesellschaft sowie bei mangelnden Organisationsstukturen. Wegen der Aktualität des Themas soll sich dieser wie auch eine Reihe künftiger Compliance-Blog-Beiträge mit dem Pflichtenkatalog des Geschäftsführers einer GmbH in der Krise befassen.

Den Anfang macht heute die Pflicht des GmbH-Geschäftsführers zur Einberufung der Gesellschafterversammlung. Stellt der Geschäftsführer den Verlust des halben Stammkapitals fest - genauer gesagt, das Absinken des Eigenkapitals infolge von Verlusten auf den Betrag des halben Stammkapitals - ist er verpflichtet, die Gesellschafterversammlung unverzüglich einzuberufen (§ 49 Abs. 3 GmbHG).  Zweck des § 49 Abs. 3 GmbHG ist es, die Gesellschafter über die Finanzsituation der GmbH zu informieren. Damit sollen die Gesellschafter in die Lage versetzt werden, anstehende Maßnahmen zur Krisenbewältigung beschließen zu können. Der Wortlaut der Vorschrift ist eher verwirrend, da er suggeriert, dass nur bei Vorliegen einer Bilanz (Jahres- oder Zwischenbilanz) die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung bestehen würde. Demgegenüber wird der Geschäftsführer aufgrund einer fehlenden oder unrichtigen Bilanz nicht von seiner Einberufungspflicht befreit. Hinzuweisen ist, dass § 49 Abs. 3 GmbHG ein gesetzlicher Sonderfall der Einberufungspflicht der Gesellschafterversammlung durch den Geschäftsführer zu der Generalklausel des § 49 Abs. 2 GmbHG darstellt. Nach der Generalklausel ist die Gesellschafterversammlung einzuberufen, "wenn es im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint". Somit besteht auch bei anderen Unternehmenskrisen - unabhängig vom Verlust der Hälfte des Stammkapitals - die Pflicht zur Einberufung der Gesellschafterversammlung. Beispiel hierfür ist etwa der Wegfall des Hauptkunden des Unternehmens. (Zu den Bilanzierungsgrundsätzen siehe zum Beispiel Roth/Altmeppen, § 49 GmbHG Rn. 13.)

Bei unterlassener Einberufung der Gesellschafterversammlung haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber auf Schadensersatz gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Unterläßt der Geschäftsführer den Gesellschaftern den Verlust in Höhe der Hälfte des Stammkapitals anzuzeigen, kann er hierfür gemäß § 84 Abs. 1 GmbHG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

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