Keine Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Anwaltswechsel

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 19.02.2009

Zu den Kuriositäten, zu denen die Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG führt, gehört auch der Einwand im Kostenfestsetzungsverfahren, der Kostenerstattungsberechtigte müsse sich eine Kürzung der Verfahrensgebühr auch dann gefallen lassen, wenn er außergerichtlich und im gerichtlichen Verfahren unterschiedliche Anwälte beauftragt hatte. Das OLG Koblenz hat im Beschluss vom 20.08.2008, 14 W 524/08, dem Einwand der Beklagten, die Verfahrensgebühr dürfe im Kostenfestsetzungsverfahren nur in Höhe von 0,65 berücksichtigt werden, weil für die vorprozessuale Interessenvertretung der Klägerin bereits eine Geschäftsgebühr mit einem Satz von 1,3 angefallen sei, wobei unbeachtlich sei, ob vorprozessual und im Prozess unterschiedliche Anwälte beauftragt worden seien, eine Absage erteilt. Es stehe außer Frage, dass die Klägerin uneingeschränkt mit der Verfahrensgebühr von 1,3 belastet worden sei. Die Anrechnungsregelung in Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG kommt nach zutreffender Auffassung des OLG Koblenz in dem Fall nicht zur Anwendung, wenn die Klägerin vorprozessual und innerprozessual jeweils durch verschiedene Anwälte vertreten wird. Das Gesetz stelle die Erstattungsfähigkeit von Prozesskosten, die Folge eines Anwaltswechsels sind und der Partei in Beibehaltung des alten Mandats nicht erwachsen wären, nur in Frage, wenn der Anwaltswechsel innerprozessual vollzogen wurde. Nur dann sei zu prüfen, ob die Beauftragung eines neuen Anwalts aus übergeordneten Gründen nach § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO erforderlich war. Die einzige Grenze sieht das OLG Koblenz bei einem Anwaltswechsel mit der Zielrichtung, der Gegenseite Schaden durch zusätzliche anwaltliche Gebühren zuzufügen.

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Das OLG Koblenz hatte die Rechtsbeschwerde gegen seine Entscheidung mit der folgenden Begründung zugelassen:
"Da die Rechtssache eine absehbar wiederkehrende Situation betrifft und, soweit erkennbar, eine höchstrichterliche Entscheidung dazu bisher nicht ergangen ist, liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Rechtsbeschwerde vor."
Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt. Bleibt zu wünschen, dass der BGH anderweitig mit der durchaus umstrittenen Auslegung des § 91 ZPO befasst wird.

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Die Diskussion zur Anrechnung´der Geschäftsgebühr bei einem Wechsel des Bevollmächtigten und am Rand auch zu § 15a RVG wird bereichert durch den Beschluss des FG Köln vom 30.07.2009 in 10 Ko 1450/09, nrwe - http://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/koeln/j2009/10_Ko_1450_09beschluss20090730.html.

 

Der BGH ist zumindest in einem anhängigen Kostenbeschwerdeverfahren mit der Frage der Anrechnung befasst, wenn   vorprozessual und innerprozessual jeweils durch verschiedene Anwälte vertreten wird, so das über kurz oder lang mit einer höchstrichterlichen Klärung der umstrittenen Frage gerechnet werden darf.

 

Der 10. Senat des FG Köln konnte in den Gründen seines o.g. Beschlusses offen gelassen, ob es der einschränkenden Ansicht, § 91 ZPO betreffen nur die Notwendigkeit des innerprozessualen Anwaltswechsels uneingeschränkt folgen kann. Er benennt jedoch Gründe, die gegen diese einschränkende Ansicht sprechen.

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