Weiterhin keine heiße Spur im Fall Mannichl - Ermittler schließen Familienhintergrund aus

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 13.02.2009
Rechtsgebiete: PassauMannichlMaterielles StrafrechtStrafrecht8|2486 Aufrufe

... das ist zusammengefasst das Ergebnis der Pressekonferenz vom vergangenen Mittwoch.

Die Vermutung, dass ein der Neonazi hinter dem Anschlag stecken könnte, wird vom Leitenden Oberstaatsanwalt in Passau nicht mehr so stark in den Vordergrund gestellt. Umgekehrt wird ein Racheakt eines Rechtsextremisten auch nicht ausgeschlossen. Hervorgehoben haben die Ermittler, dass nach umfangreichen Recherchen ausgeschlossen werden könne, dass der Täter aus dem familiären Umfeld des Polizeichefs Alois Mannichl stammt. Für solche Spekulationen gebe es keinerlei Anhaltspunkte.

Bislang sei man etwa 540 Hinweisen eingegangen, eine heiße Spur sei aber bislang nicht dabei gewesen.

Besonders mysteriös ist nach wie vor, dass die Tatwaffe aus Mannichls Haushalt selbst stammt. Nach seinen Angaben wurde das Küchenmesser einige Tage vor dem Überfall bei einer Nachbarschaftsfeier  vor seinem Haus auf einem Fenstersims vergessen. Der Chefermittler räumt ein, dass es ungewöhnlich sei, dass der Täter keine eigene Waffe benutzt hat: "Ungewöhnliche Vorgänge sind gar nicht so selten." Auf dem Messer sind im Labor etliche DNA-Spuren gefunden worden. Allerdings konnten die Experten daraus keine gentechnische Spur des Täters isolieren.

Die größte Hoffnung setzen die Ermittler nun in die 20.000 € Belohnung. Vielleicht muss Kommissar Zufall helfen - oder die Tat bleibt ungeklärt. Das wäre das schlechteste Ergebnis der Ermittlungen.

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8 Kommentare

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Wieso sind geworfene Farbbeutel für die Bundesanwaltschaft Terrorismus aber ein Mordanschlag auf einen Polizeipräsidenten nicht? Ist die Justiz immer noch auf dem rechten Auge blind? Warum hat die Bundesanwaltschaft das Verfahren nicht gleich an sich gerissen?

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Die erste Frage kann ich nicht beantworten, weil ich nicht weiß, worauf Sie anspielen. Das deutsche StGB kennt nicht die Strafbarkeit des "Terrorismus", sondern stellt in § 129a StGB die Bildung und Tätigkeit einer terroristischen Vereinigung unter den dort genannten Voraussetzungen unter Strafe.

Wie die zahlreichen Verurteilungen von Neonazis in den vergangenen Jahren belegen, ist die Justiz nicht auf dem rechten Auge blind.

Der Generalbundesanwalt (so die Gesetzesformulierung, auch wenn wir derzeit eine Generalsbundesanwältin haben) führt deshalb noch nicht die Ermittlungen, weil seine Zuständigkeit noch nicht geklärt ist. In unserem föderalen Staat ist der Generalbundesanwalt gegenüber den Länderstaatsanwaltschaften nach § 142a Abs. 1 Satz 1 GVG nur zuständig, wenn es sich um ein Verfahren handelt, für das die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug nach § 120 Abs. 1 und 2 GVG zuständig sind. Dies wäre etwa der Fall, wenn sich herausstellen sollte, dass hinter der Tat eine terroristische Vereinigung stehen sollte, § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG, oder wenn der Mordversuch im Zusammenhang mit der Tätigkeit einer nicht oder nicht nur im Inland bestehenden Vereinigung, deren Zweck oder Tätigkeit die Begehung von Straftaten dieser Art zum Gegenstand hat, stehen sollte und dem Fall eine besondere Bedeutung zukommt, § 120 Abs. 2 Nr. 2 GVG.

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Sehr geehrter Herr Dr. v. Heintschel-Heinegg,
in meiner ersten Anmerkung bezog ich mich auf die Ermittlungen im Umfeld von Farbbeutelwürfen und Brandstiftungen, die 2007 die Bundesanwaltschaft bewog das Verfahren an sich zu ziehen. Der BGH sah dies anders und bescheinigte der Bundesanwaltschaft, dass die "mittlere Kriminalität" weder den Terrorismusverdacht (§ 129 a Abs.2 Nr. 2 StGB) noch die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft rechtfertigen würden. Insbesondere würde es an der objektiven Gefährdung der Schutzgüter des Gesamtstaates fehlen, da weder Menschen gefährdet noch Menschen eingeschüchtert worden wären. (StB 12/07, StB 13/07, StB 47/07).
Bei dem Anschlag auf Mannichl sehe ich genau dieses Kriterium als erfüllt an. Dennoch hat im Fall der linken Gewalt die Bundesanwaltschaft überreagiert und reagiert im Fall der rechten Gewalt gar nicht. Zunächst übernimmt nicht einmal die Landesanwaltschaft den Fall sondern eine örtliche Sonderkommission.
Die "Blindheit" der Justiz drückt sich mE darin aus, dass die Tat nicht in ihrem Kontext gesehen wird - so wird aus einem gezieltem Überfall eine Schlägerei, aus einer Tat einer Gruppe eine Tat eines Einzeltäters und aus einem versuchten Mord eine gefährliche Körperverletzung. Die Strafen im rechten Umfeld fallen daher auch regelmäßig deutlich milder als im linken Umfeld aus.

PS: Schon zu Regensburger Zeiten habe ich Ihre präzise Argumentation geschätzt, obwohl ich häufig nicht Ihrer Meinung war ;-)

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Sehr geehrter Herr Erbguth,

zunächst mal freue ich mich, dass wir schon an der Uni Regensburg (oder war es während der Referendarausbildung?; dann müsste ich mich für mein nachlassendes Gedächtnis entschuldigen) Kontakt miteinander hatten und jetzt wieder. Man muss nicht immer einer Meinung sein. Wichtig ist mir nur, und dieses Anliegen wird hoffentlich auch im Blog deutlich, dass man eine "andere" Meinung überhaupt zur Diskussion stellen darf, ohne sich sofort persönlichsten Angriffen ausgesetzt zu sehen.

Was "Passau" betrifft, so ermittelt die örtlich zuständige Staatsanwalt Passau unter dem Leitenden Oberstaatsanwalt Walch, der auch hin und wieder in der Presse auftaucht. Wie gerade die "Farbbeutel" zeigen, darf die Bundesanwaltschaft erst tätig werden, wenn sich Anhaltspunkte für ihre Zuständigkeit ergeben. Das ist in Passau bislang nicht der Fall. Vom dem, was man so liest, glaube ich nicht mehr an den "rechten" Hintergrund der Tat - und damit ist die Bundesanwaltschaft außen vor.

Wenn Sie weiterhin den Blog hin und wieder verfolgen, würde ich mich freuen, zumal ich jetzt ein wenig weiß, mit wem ich korrespondiere.

Beste Grüße
Bernd von Heintschel-Heinegg

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Der Fall Mannichl weist einen gewissen Zusammenhang mit dem Beitrag vom 2.2.2009 zur Weitergabe des Anklagesatzes im Fall des mutmaßlichen Erpressers von Susanne Klatten durch die Justizpressestelle auf. Er zeigt, wie wichtig eine gute Pressearbeit der Strafverfolgungsbehörden ist. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass die Strafverfolgungsbehörden informieren, sondern wie sie informieren.

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@prof uerpmann-wittzack
die pressearbeit ist merkwürdig gewesen, darüber hat sich heute auf spiegelonline auch mannichl selbst geäußert, hier das zitat:
"Er äußert jedoch "Verwunderung" über die Staatsanwaltschaft. Die habe zunächst mitgeteilt, auf der Tatwaffe - ein Küchenmesser der Familie - hätten sich nur DNA-Spuren Alois Mannichls gefunden. Wenig später habe es allerdings geheißen, die Auswertung der Spuren dauere so lange, weil auf dem Messer "so viele verschiedene DNA-Spuren übereinander gelagert seien"
es wurde damals nämlich die info rausgegeben, auf dem messer sind keine spuren und auch keine wischspuren. dies hat unter anderem auch hier im blog zu den wildesten spekulationen geführt. jetzt kommt raus, dass die spuren doch so sind wie nach der aussage von mannichl zu erwarten, wenn etliche nachbarn das messer zum gemeinsamen kuchenverzehr benutzt haben.

ich glaube auch nicht an eine geplante und organisierte rechte tat (also auch nicht an eine nazi-terror-gruppe), aber es könnte doch durchaus ein durchgeknallter einzeltäter gewesen sein, der der rechten szene irgendwie angehört oder mal angehört hat.

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Mannichl kritisiert die Sonderkommission

In einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Illustrierten "Stern" (Nr. 11 vom 5.3.2009 S. 54 ff) beklagen die Eheleute Mannichl, dass es zu lange gedauert habe, bis der Verdacht gegen sie und ihre Kinder abgeklärt gewesen sei. Die Familie sei "wochenlang wirklich durch die Hölle gegangen" (S. 56). Erneut bekräftigte Mannichl, dass seiner Meinung nach der Täter "ein Wahnsinniger ist. Ein überzeugter Rechter, der aber nicht in einer Organisation sein muss. Einzeltäter sind leider am schwierigsten zu ermitteln. Aber irgendwann wird er einen Fehler machen." (S. 60)

Das zwischenzeitlich für die Ermittlungen zuständige Bayerische Landeskriminalamt wies den Vorwurf zurück. Die Sonderkommission habe ohne jede Zeitverzögerung über die Ermittlungen informiert, als klar gewesen sei, dass die Angehörigen nicht als Täter in Betracht kommen. "Das wurde auch nicht künstlich in die Länge gezogen", betonte der LKA-Sprecher.

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