Bei 470 km Entfernung vom Gerichtsort darf der Anwalt fliegen

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 03.02.2009

Bei der Wahrnehmung eines auswärtigen Gerichtstermin darf der Anwalt aus kostenerstattungsrechtlichen Gründen leider nicht ohne Weiteres das bequemste und schnellste Verkehrsmittel wählen. Häufig wird die Angemessenheit der aufgewandten Reisekosten im Kostenfestsetzungsverfahren angezweifelt. So auch in dem vom OLG Saarbrücken mit dem Beschluss vom 09.01.2009 - 5 W 284/08 - entschiedenen Fall. In dem zu Grunde liegenden Ausgangsverfahren waren die Prozessbevollmächtigten der Streithelferin, deren Kosten die Klägerin zu tragen hatte, zu zwei Gerichtsterminen mit dem Flugzeug in der Business-Class angereist. Neben den Flugkosten machten sie Taxikosten sowie Parkkosten geltend. Im Kostenfestsetzungsverfahren wurden die angemeldeten Kosten festgesetzt, die Flugkosten jedoch nur in Höhe der Flugkosten in der Economy-Class. Die Klägerin legte hiergegen sofortige Beschwerde ein und machte geltend, dass nicht nur die Kosten für eine Bahnfahrt 1. Klasse ohne Übernachtung festgesetzt worden sind. Die sofortige Beschwerde hatte vor dem OLG Saarbrücken keinen Erfolg. Das Gericht rechnete in der Entscheidung präzise vor, dass die Bahnfahrt 4,5 - 5,5 Stunden gedauert hätte. Zuzüglich der Fahrten vom Wohnort zum Bahnhof und vom Bahnhof zum Gericht hätte die Hin- und Rückfahrt deshalb mehr als 10 Stunden in Anspruch genommen, so dass Kosten für eine Übernachtung und ein weiteres Abwesenheitsgeld hinzugekommen wären. Auch könne einem Prozessbevollmächtigten nicht abverlangt werden, Reisen zur Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit sei die Zeit von 21 Uhr - 6 Uhr anzusehen. Die Bahnfahrt 1. Klasse hätte 284 Euro gekostet, zzgl. 80 Euro - 100 Euro Übernachtungskosten und Abwesenheitsgeld wären Kosten in Höhe von rund 440 Euro entstanden, dem stünden die festgesetzten Flugkosten mit 481,15 Euro gegenüber. Wegen der erheblichen Zeitersparnis (Flugzeit nur 1 Stunde) seien die Flugkosten in der Economy-Class noch angemessen und erstattungsfähig. Mit den Flugkosten seien die Kosten einer Bahnfahrt 1. Klasse zu vergleichen, nicht die Kosten einer Bahnfahrt 2. Klasse, denn eine Bahnfahrt 1. Klasse hätte keine höheren Kosten verursacht als die Fahrt mit dem eigenen Pkw, der im Regelfall benutzt werden dürfe.

Im Ergebnis hat das OLG Saarbrücken somit richtig entschieden. Wenn man aber die Entscheidung liest und berücksichtigt, in welcher Ausführlichkeit hier hypothetische Vergleichsberechnungen durchgeführt worden sind, fragt man sich aber doch, ob sich der Aufwand für die „Vergleichsrechnerei" wirklich lohnt.

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3 Kommentare

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@ Pascal
Schau mal in § 758a IV 2 ZPO !
Die StPO lässt hat aus "psychologischen" Gründen auch andere Zeiten zu.

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Bei der Definition der Nachtzeiten (21 Uhr 6 Uhr, in der StPO sommers sogar nur bis 4(!) Uhr) merkt man den Prozessgesetzen ihre Herkunft aus dem Jahr 1878 noch deutlich an. Ja, ohne elektrisches Licht und Fernseher und mit dem Hahn als einzigem Wecker mag das auch zugetroffen haben.

Ich würde hier ja durchaus eine Reform anregen: Was wäre die sozial akzeptierte Nachtdefinition des Jahres 2009? Ich rege mal 23 Uhr bis 7 Uhr an. Gibt es noch andere Vorschläge?

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