Vorsicht bei unüberlegten Verfassungsbeschwerden - Missbrauchsgebühr droht!

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 27.01.2009

Wieder einmal hat es einen Beschwerdeführer mit der Missbrauchsgebühr  nach § 34 Abs. 2 BVerfGG "erwischt" (BVerfG Beschluss vom 15.1.2009 - 2 BVR 2487/08):

Die 2. Kammer des Zweiten Senats hat eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die Verhängung eines Bußgelds und eines Fahrverbots wendet, nicht zur Entscheidung angenommen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer wegen völliger Substanzlosigkeit seiner Ausführungen und offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Verfassungsbeschwerde eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 € auferlegt, weil das BVerfG an der Erfüllung seiner Aufgaben nicht dadurch gehindert werden darf, das es sich mit der für jedermann erkennbar aussichtslosen Verfassungsbeschwerden befassen muss und deshalb anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann.

Der Beschwerdeführer hatte sich in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen einen Bußgeldbescheid gewandt. Das Amtsgericht ordnete in seinem Urteil eine Geldbuße in Höhe von 275 € wegen Geschwindigkeitsüberschreitung an und verhängte gleichzeitig ein Fahrverbot von zwei Monaten. Die dagegen erhobene Rechtsbeschwerde verwarf das Oberlandesgericht. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügte der Beschwerdeführer die Verletzung seiner allgemeinen Handlungsfreiheit; er begründete dies u.a. damit, er sei von dem ihm aufgrund seines Verkehrsverstoßes folgenden Polizeifahrzeug in seinem fahrlässigen Fehlverhalten durch dessen Geschwindigkeitsüberschreitung bestärkt worden (Presseerkärung).

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13 Kommentare

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Kurze Ergänzung:
Es gab erst einmal eine halbwegs erfolgeiche Anrufung des BVerfG wegen eines Fahrverbots - BVerfG NZV 1994, 157. Damals wurde die FV-Vollstreckung im Wege der einstweiligen AO ausgesetzt.
Ansonsten ist natürlich zu bemerken: Hoffentlich hat der Anwalt des Beschwerdeführers (wenn es einen gab) den Beschwerdeführer vorher über das Kostenrisiko aufgeklärt - von der drohenden Missbrauchsgebühr hätte er nämlich auch in Göhler, OWiG, 14. Aufl. 06, Rn. 9 vor § 79 OWiG lesen können...

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Merkwürdigerweise enthält die offizielle Pressemitteilung des BVerfG und noch mehr die Agenturmeldungen (u.a. dpa, AP "Porsche", "Professor") mehr Informationen über den Fall als der eigentliche Beschluss.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20090115_2bvr248...

Es ist klar, dass die Karlsruher solch einen Fall ganz groß verbreiten: Da wird die Botschaft verbreitet: Wer sich stark abweichend von gesellschaftlichen (nicht nur juristischen) Normen verhält, hat wenig Chancen mit seiner Verfassungsbeschwerde. Der ehrliche kleine Bürger dagegen kommt mit seiner Klage durch (die Wenigsten wissen, dass die Erfolgschancen in KA so mies sind...) Aber ein Porsche-fahrender Professor darf doch einfach nicht gewinnen. Klischees werden einfach bestätigt.

(Ich kenne freilich den Bf. nicht - vielleicht entspricht er ja wirklich dem Klischee)

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Ich stelle mir persönlich die Frage, was einen Menschen dazu bewegen kann, vor Gericht zu gehen und eine Verletzung seiner allg. Handlungsfreiheit geltend machen zu wollen, wenn gerade seine Handlung dafür kausal war, dass man ihm ein Fahrverbot und eine Geldbuße auferlegt hat.

Wenn ich diesen Gedanken weiterdenke, führt dies zu absurden Ergebnissen: Damit könnte jeder, der gegen Recht und Ordnung verstößt und dafür eine Strafe erhält, auf die Idee kommen, dies als Verletzung seiner allg. Handlungsfreiheit sehen.

Inwieweit andere VB vor Karlsruhe Chancen haben, bei denen eine Verletzung durchaus gegeben ist- das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber dass diese Entscheidung des BVerfG als Paradebeispiel dargestellt wird ("Verhalte Dich brav und wir helfen Dir."), ist klar. Eine bessere Gelegenheit für die Bestätigung des "Unser Recht funktioniert" wird es für das BVerfG momentan nicht geben.

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Der besagte Professor ist mir persönlich bekannt. Und ohne seinem Berufsstand nahe treten zu wollen, würde ich ihn nicht mehr lehren lassen.
Bereits 1996 forderte dieser Professor Polizeibeamte in einer Lehrveranstaltung auf, eine Anzeige wegen versuchten Mordes(!)von ihm aufzunehmen, weil er seinen (auch damals schon) Porsche von 240km/h auf 80 km/h herunterbremsen musste, als ein LKW vor ihm einen anderen LKW überholte. Obwohl er auf Nachfrage angab, dass der LKW ihn wohl nicht gesehen habe (Vorsatz?), bestand er aufgrund seiner Lehrtätigkeit darauf, recht zu haben. Die Polizeibeamten schüttelten nur den Kopf und ließen ihn stehen, mehr kam auch nicht mehr hinterher.

Nun diese Verfassungsbeschwerde. Ist so ein Mensch noch geeignet, An Hochschulen zu lehren?

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Bin immer wieder erstaunt wie unwissend viele Bürger sind. Sie poltern einfach drauf los ohne im Ansatz überhaupt zu wissen was zu einer Verfassungsbeschwerde dazu gehört. Schaut euch einfach mal das Merkblatt zur Verfassungsbeschwerde an (zu finden auf der Hompage des Bundesverfassungsgerichts unter Aufgaben und Organisation). Das Verfassungsbeschwerdeverfahren unterscheidet sich gravierent von einem normalen Gerichtsverfahren. Populistische Meinungen und Vorträge nützen hier überhaupt nichts. Noch eine kleine Anmerkung nebenbei: Der Rechtsanwalt von diesem Autofahrer hätte bekannt sein müssen das diese Beschwerde niemals angenommen wird. Ja es geht eben um Geld verdienen. Und das ist Traurig!!!!!!!!!!!

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Wie sieht es eigentlich gebührenmäßig für einen Anwalt aus, der ganz offensichtlich keinen Erfolg haben wird mit der Vb? Ich las letztens hier im blog oder in anderen blogs, dass bei einer erfolgslosen Beschwerde ca. 500 € anfallen sollen. Offenbar bleibt das BVerfG ja auch in diesem Rahmen, wenn es die Mißbrauchsgebühr verhängt.

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Wieder einmal hat das Bundesverfassungsgericht in drei Fällen eine Missbrauchsgebühr verhängt (Pressemitteilung). Bedauerlich, dass sich immer wieder Rechtsanwälte unter den Beschwerdeführern finden, die mit einer Missbrauchsgebühr belegt werden müssen.

Unser Kostenexperte hat sich leider nicht gemeldet.

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