Bewährung für Zumwinkel - ein gerechtes Urteil?

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 26.01.2009

Das LG Bochum hat heute Deutschlands prominentesten Steuersünder zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt (Video bei SPIEGEL ONLINE).

Mit Blick auf die neueste Rechtsprechung des BGH zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung mag dieses Urteil in Ordnung gehen. Mich stimmt verdrießlich, dass von diesem Urteil schon vor Beginn der Hauptverhandlung in der Presse zu lesen war. Wenn ich den Kommentar  von Frau Gisela Friedrichsen bei SPIEGEL ONLINE richtig verstehe, soll es keine Absprache gegeben haben. Wenn der stillschweigende Konsens der Verfahrensbeteiligten schon so weit gekommen sein sollte, ist die Praxis dem Gesetzesvorschlag schon weit enteilt.

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10 Kommentare

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Was soll's... der Staat braucht derzeit Geld. Ich rege mich deshalb überhaupt nicht auf. Zumwinkel hat den Staat geschädigt, und nun den Staat bezahlt. Diese Art Leute schmerzt es sehr, wenn sie ihr liebes Geld abgeben müssen. Der einzige Punkt der mich noch interessieren würde, ist ob er verraten musste, wer seine Helfer waren.

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Was heisst denn "den Staat geschädigt"? Ich wette, der Mann hat in Summe mehr Steuern gezahlt, als eine ganze Kleinstadt im Osten zusammen. Ich finde diese elende Neiddiskussion in Deutschland unerträglich. Freilich muss man sicherstellen, dass Steuern gezahlt werden. Und man darf auch grundsätzlich die Frage stellen, ob Millionengehälter bei Managern, Sportlern oder Schauspielern noch verhältnismäßig sind. Niemand soll aber mit dem Moral-Finger auf Andere zeigen - schon gar nicht in solchen Steuersachen.

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Man sollte auch nicht vergessen, dass andere Betroffene der "Liechtenstein-Affäre" bereits ebenfalls mit einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren davon gekommen sind (http://www.blog.beck.de/2008/07/19/liechtenstein-affare-bewahrung-fur-st...). Andere, deren Fälle nicht durch die Medien gegangen sind. Hätte Herr Zumwinkel eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung bekommen, hätte das doch irgendwie danach geschmeckt, dass man einen "hängt", um des Volkes Zorn zu beruhigen.

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Tja, da muss man doch fragen, ob Frau Lichtinghagen nicht noch mehr aus Herrn Zumwinkel für den Staat hätte holen können.

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Ede, ich bin nicht ganz einverstanden mit ihnen. Die hohe steuerschuld, die zumwinkel vermeiden wollte über mehrere jahrzehnte, spricht doch nur dafür, dass herr zumwinkel sehr sehr viel verdient hat, unverschämt viel wenn man hart schuftende leute wie etwa krankenpfleger mit nachtschicht etc. zum vergleich heranzieht. soweit ich wei´ß hat er einen großteil seines vermögens schon geerbt, also nicht selbst erarbeitet.
dann sieht unser system eben vor, dass er auch viele steuern zahlen muss, keien angst es blieb bestimmt noch genug übrig. zumwinkel hat sich gerade für seine hohe moral als einer der einflussreichsten deutschen manager lange jahre feiern lassen, zuletzt am sonntag vor der durchsuchung in der faz sonntagszeitung (ganzseitiger artikel). dann muss er sich den moralischen zeigefinger auch jetzt gefallen lassen, finde ich. dieser zeigefinger der leute, wenn auch im einzelfall ein bisschen peinliche schadenfreude, ist die eigentliche strafe - hat sein verteidiger heute auch im gerichtssaal gesagt. der schämt sich jetzt gehörig, da muss gar nicht eine gefängnisstrafe oben drauf kommen, deshalb bin ich auch ganz einverstanden mit dem urteil, abgesprochen oder nicht.
was ich allerdings bescheuert finde, dass es leute gibt, die seine familie in sippenhaft nehmen - sein verteidiger sagte, zumwinkels familie sei belästigt worden.

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Bewährung für Zumwinkel... wenn ich mir da die Strafen für den Normalsteuerhinterzieher so ansehe läuft es mir kalt den Rücken runter.

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stimmt das wirklich, finanzbehördling? von knast ohne bewährung für "normale" steuerhinterziehung habe ich nur selten was gehört. was ist denn "normal"- beim arbeitszimmer schummeln?
warum kalt den rücken runter? vor angst? zumwinkel macht mir keine angst, wenn er frei rumläuft und jetzt brav seine steuern zahlt. man muss auch mal die kirche im dorf lassen. wer nicht gefährlich ist, braucht auch nicht eingesperrt werden.

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Ich habe schon mein Problem damit, von "gerechten" Urteilen zu sprechen. Zweifelsfrei ist der Fall Zuwinkel einer von der Art, der das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat wieder ein Stück erschüttert haben.

Mag zwar mit dem Urteil die Rechtssprechung des BGH zur Strafhöhe bei Steuerhinterziehung noch eingehalten worden sein, ist ein solches Urteil aber aus zwei Aspekten problematisch.

Erstens ist es doch aus generalspräventiven Aspekten angebracht, anzuzeigen, dass die Steuerhinterziehung eben kein "Kavaliersdelikt" ist, so wie die breite Meinung der Bevölkerung diesen Straftatbestand wahrnimmt.

Weiterhin ist dieses Urteil wie schon erwähnt ein Zeichen, wohin man mit dem Deal kommt, zumal er noch nicht mal kodifiziert wurde. Die Möglichkeit Geständnis (gleich welcher Art) gegen "2 Jahre mit Bewährung" stellt eine Einbuße an Gerechtigkeit (wenn man an dem Begriff noch festhalten möchte) dar. Es ensteht der Verdacht, dass der Maßstab für das Urteil einzig die richtige Verteidigungsstrategie und nicht mehr die Schuld des Täters, so wie noch in § 46 I StGB erwähnt, ist.

Einer solchen Tendenz ist entgegenzuwirken und wird mit einer solchen Rechtssprechung und einer Kodifizierung der Absprache vereitelt.

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