Bundesverfassungsgericht gegen willkürlich niedrigen Streitwert in Ehesachen

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 22.01.2009

Eine leider immer wieder zu beobachtende Fehlentwicklung in der Rechtsprechung ist es, wenn in einer Ehesache entgegen der Regelung in § 48 Abs. 3 S. 1 GKG der Streitwert nicht in Höhe des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Eheleute, sondern aus verschiedenen Gründen geringer, möglicherweise nur in Höhe des Mindeststreitwerts nach § 48 Abs. 3 S. 2 GKG oder geringfügig darüber festgesetzt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 17.12.2008, Aktenzeichen 1 BvR 177/08 den Beschluss eines Oberlandesgerichts aufgehoben. Dieses hatte in einer Ehesache - das Amtsgericht hatte einen Streitwert in Höhe des dreifachen Nettomonatseinkommens der Eheleute mit 8.520,00 € festgesetzt - den Streitwert auf 2.500,00 € herabgesetzt. Für das Bundesverfassungsgericht war dies unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und damit willkürlich. Die Argumentation des Oberlandesgerichts, es habe sich um ein einvernehmliches Scheidungsverfahren mit geringem Umfang, durchschnittlicher Bedeutung und durchschnittlicher Einkommens- und Vermögenssituation der Eheleute gehandelt, könne die erhebliche Differenz vom dreifachen Nettomonatseinkommens in Höhe von 6.020,00 € zu festgsetztem Streitwert nicht nachvollziehbar begründen. Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass eine Auslegung der gesetzlichen Vorschriften zur Bestimmung des Streitwerts gegen die Verfassung verstößt, wenn sie dazu führt, dass der Streitwert in Ehesachen wegen der beiderseitigen Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe „stets" oder „im Regelfall" lediglich auf den Mindeststreitwert festgesetzt wird. In solchen Fällen würde die Berufsfreiheit der beigeordneten Rechtsanwälte berührt.

 

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