Wer überholt nötigt meist nicht - OLG Hamm bleibt bei hohen Anforderungen zur Nötigung im Straßenerkehr

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.12.2008

Nahezu immer, wenn ein Autofahrer einem anderen unangenehm eng auffährt oder kritisch überholt, wird der Vorwurf der Nötigung erhoben. Das OLG Hamm hat mit erst vor ein paar Tagen auf der Seite www.burhoff.de veröffentlichtem Beschluss vom 24. 06. 2008 - 4 Ss 220/08 jedoch klargestellt, dass hierzu allgemeine Feststellungen durch das Gericht nicht ausreichen. Das OLG hierzu (gekürzt):

"...Nach allgemeiner Meinung, die der Senat teilt, erfüllen bestimmte Verhaltensweisen im Straßenverkehr den Straftatbestand der Nötigung i.S. des § 240 StGB. Das sind namentlich die Fälle, in denen ein Kraftfahrer dicht und bedrängend auf seinen Vordermann auffährt, seinen Hintermann - aus welchen Gründen auch immer - absichtlich "ausbremst" oder vorsätzlich einen unerwünschten Verfolger "abdrängt". Gemeinsamer Nenner dieser und ähnlicher Fälle ist, daß die Einwirkung auf den anderen Verkehrsteilnehmer nicht die bloße Folge, sondern der Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist. Der Erfolg - daß der andere den Weg frei macht, bremsen muss oder nicht überholen kann - ist für den Täter "das Ziel seines Handelns". Auf den "bloß" rücksichtslosen Überholer trifft das in aller Regel nicht zu. Sein Ziel ist, schneller voranzukommen. Dass dies auf Kosten anderer geschieht, ist nur die in Kauf genommene Folge seiner Fahrweise. Ein Schuldspruch wegen Nötigung scheidet in einem solchen Fall aus...Das dichte Auffahren auf den Pkw der Zeugin kann jedenfalls derzeit, abgesehen vom zweifelhaften Nötigungsvorsatz, auch nicht als Gewalt i.S.d. § 240 StGB angesehen werden, da konkrete Feststellungen zur gefahrenen Geschwindigkeit, zum Abstand und zur Dauer nicht getroffenen worden sind."

Wer etwas zur Nötigung im Straßenverkehr nachlesen will, kann dies gut tun in Krumm/Kuhnert/Schmidt, Straßenerkehrssachen, 3. Kapitel, Rn. 189.

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