Deutschlands digitales Erbe: Ab jetzt gilt die Ablieferungspflicht für Netzpublikationen
von , veröffentlicht am 24.10.2008Content-Anbieter und Blogger aufgepasst: Seit dieser Woche ist die Verordnung über die Pflichtablieferung von Medienwerken an die Deutsche Nationalbibliothek in Kraft. Danach müssen "Medienwerke in unkörplicher Form" bzw. Netzpublikationen an die Deutsche Nationalbibliothek geliefert werden. Hierzu gehören klassischerweise elektronische Zeitschriften, E-Books und ähnliche Werke, die in der Printwelt eine Entsprechung finden. Die Deutsche Nationalbibliothek will aber mehr: Auch Blogs, Wikis oder Foren sollen abgeliefert werden. Wie das eigentlich technisch gehen soll, ist nicht ganz klar. Jedenfalls könnte man sich als gesetzestreuer Ablieferer bei der DNB schon mal registrieren und die FAQs studieren. Die Ablieferungspflicht darf aber nicht zu unverhältnismäßigen Belastungen führen - das hat das BVerfG für den Printbereich schon 1981 in der Pflichtexemplarentscheidung (Beschluss vom 14.07.1981 - 1 BvL 24/78) festgehalten. Wer erinnert sich nicht gerne an die dogmatischen Fragen zu Art 14 GG (ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung ....) ? Mag sein, dass diese Entscheidung jetzt von vielen potentiell Ablieferungsverpflichteten mit Interesse gelesen wird.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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7 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenB. S. kommentiert am Permanenter Link
Der Beitrag verschweigt, dass die Nationalbibliothek im Moment gerade eben keine Webseiten geliefert bekommen möcht. Aus den FAQs:
"Derzeit werden Webseiten aller Art, z. B. statische und dynamische HTML-Seiten, Weblogs oder Foren noch nicht gesammelt. Alle Anbieter von Webseiten müssen also in dieser Hinsicht nichts unternehmen und keine Strafen befürchten."
Die Behauptung "Die Deutsche Nationalbibliothek will aber mehr: Auch Blogs, Wikis oder Foren sollen abgeliefert werden." kann ich dort nicht wiederentdecken.
Adrian Schneider kommentiert am Permanenter Link
Die Information ist auch vergleichsweise neu und ist wohl im Laufe des heutigen Tages ergänzt worden. Das erklärt auch das Informationschaos, das derzeit um die Verordnung herrscht, zumal auch die Aussagen der DNB nicht recht zum Wortlaut der Vorschrift passen wollen. Siehe auch die Antworten, die man mir gab hier:
http://www.telemedicus.info/article/1018-Ablieferung-von-Netzpublikation...
Mir drängt sich der Eindruck auf, dass auch die DNB davon überrascht wurde. Anders kann ich mir auch nicht erklären, warum die Verordnung überhaupt in dieser Form erlassen wurde.
Dr. Klaus Graf kommentiert am Permanenter Link
Siehe dazu auch
http://archiv.twoday.net/topics/Webarchivierung/
Dr. Karger kommentiert am Permanenter Link
In der Tat scheint der Verordnungsgeber hier der Realität etwas voraus zu sein. Dennoch: Wenn man soweit ist, kommen auch die originären Web-Inhalte dran, so jedenfalls die Aussage von Ute Schwens, Direktorin der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt in einem Interview mit der c't im Jahr 2006 (c't Heft 19/2006)
http://www.heise.de/ct/06/19/186/
Zitat aus dem Interview der c't:
" c't: Wollen Sie tatsächlich alle kommerziellen und nichtkommerziellen Web-Veröffentlichungen erfassen?
Schwens: Derzeit beschränken wir uns auf Netzpublikationen, die eine Entsprechung im Printbereich haben, also beispielsweise Online-Ableger von kommerziellen und nichtkommerziellen Zeitungen und Zeitschriften. Auf jeden Fall werden wir die Archivierung auf Formen ausdehnen, die originär dem Web entsprungen sind, also etwa Blogs, Wikis und gegebenenfalls Foren."
Malte S. kommentiert am Permanenter Link
Ich glaube, wenn die Bloggemeinde mal für ein oder zwei Tage wirklich JEDEN Beitrag einsendet, lassen die ganz schnell davon ab, die Blogs archivieren zu wollen.
Ina kommentiert am Permanenter Link
Einfach mal Google fragen - die haben eh schon alles indiziert oder auch archive.org....
Dr. Karger kommentiert am Permanenter Link
Für Blogger und Forenbetreiber scheint es vorerst keinen Handlungsbedarf zu geben. Wie jetzt klargestellt wurde, will die Nationalbibliothek hier eigeninitiativ vorgehen und sich den entsprechenden Content über Harvesting-Methoden beschaffen, so ein Bericht in Heise Online vom 30.10.2008.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/118166