Vorerst kein Google Street View in Schleswig-Holstein

von Dr. Michael Karger, veröffentlicht am 02.10.2008

Google wird in Schleswig-Holstein vorerst keine Strassen und Häuser mehr für sein Online-Angebot Street View erfassen. Wie Heise Online berichtet, sollen die schwarzen Kamerawagen zumindest bis Ende des Jahres dort nicht mehr unterwegs sein. Das Konzept von Street View stößt bei Datenschützern auf Skepsis, da hierbei neben Grundstücken und Häusern auch Passanten abfotografiert werden. Die Bilder sind dann in einer virtuellen Fahrt durch die entsprechenden Strassenzüge für jedermann online abrufbar. Gegner des Projekts versuchen Google von zwei Seiten rechtlich in die Zange zu nehmen. Eine datenschutzrechtliche Bewertung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) kommt zum Ergebnis, dass die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Google Street View "in mancher Hinsicht" gegen das deutsche Datenschutzrecht verstößt und deshalb rechtswidrig ist. Andere sehen einen rechtlichen Ansatz in der Strassenverkehrsordnung: Google benötige für die kommerziellen Photo-Fahrten eine Sondernutzungserlaubnis. Ob diese Argumentation trägt, dürfte allerdings eher fraglich sein. 

Hier noch ein Hinweis auf einen originellen Service des ULD: Dort können eingefleischte Google-Gegner Templates in DIN-A3 und DIN-A 4 zum Anfertigen von Street-View-Verbotsschildern für Vorgarten und Garagentor herunterladen.

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7 Kommentare

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Was hat dieses, auf der Internetseite des LFD verlinkte, Schild mit dem "Hier kein Streetview" für Folgen für die Google-Fahrzeuge?

Ich meine: Von der Straße aus (öffentlich zugänglich) darf man doch Gebäude fotografieren, oder?

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Ganz sicher bin ich mir da auch nicht. Sicherlich tut der Besitzer mit einem solchen Schild eindeutig kund, dass er mit der Ablichtung seines Objekts und der Einstellung in die Online-Anwendung nicht einverstanden ist. Fraglich ist aber, ob eine Einwilligung in die Erfassung und Veröffentlichung überhaupt erforderlich ist - wahrscheinlich dann nicht, wenn man eine Rechtsbeeinträchtigung (sei es im Eigentumsrecht, im Besitzrecht oder im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. in datenschutzrechtlich geschützten Rechtspositionen) ablehnt. In jedem Fall verhindert das Schild aber, dass dem Betroffenen eine stillschweigende Einwilligung untergeschoben wird. Schaden kann's also nicht.

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Eine der interessantesten Entwicklungen der letzten Jahre war/ist für mich google Earth : unbekannte Plätze, Ferienorte, Landschaften - eine Fülle von Bildern zum erkunden und träumen.

Google Street View ist die logische Weiterentwicklung. Noch näher dran. Und nun kommen die Datenschützer auf den Plan. Für mich echt unverständlich. Aber mit Sicherheit gibt es auch möglichkeiten Passanten automatisiert unkenntlich zu machen. Dann ist zumindestens ein Hauptproblem aus der Welt geschafft.

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Das Unkenntlichmachen wird in den USA praktiziert, aber dennoch:

Demnächst schauen Neckermann & Co erst mal, wie die Fassade des Hauses aussieht, in dem der Besteller wohnt und wenn der Putz bröckelt wird eben nur per Nachnahme geliefert....

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Das ist doch ein schönes Beispiel dafür, wie das Internet und die digitale Technik die Welt verändert haben und nach wie vor verändern: Das Fotografieren von Gebäuden von öffentlichem Boden aus ist seit langer Zeit unter anderem deshalb erlaubt, weil niemand jemals ernsthaft auf den Gedanken gekommen wäre, dass eines Tages

(a) jemand Fotos von jedem Gebäude einer Stadt macht und dann

(b) soviele Abzüge (!) herstellt, dass ganze Länder damit postwurfartig versorgt werden, so dass

(c) eine potentiell riesige Menge von Menschen diese Fotos studieren kann, ohne die eigene Identität preisgeben zu müssen.

Ein in der Tat unwahrscheinliches Szenario, aber das Internet macht es eben möglich. In der digitalen Welt gelten zwar grundsätzlichen die selben Gesetze und Rechtsordnungen wie in der alten analogen - aber unter dem utilitaristischen Blickwinkel betrachtet stimmen diese Gesetze häufig nicht mehr, weil einfach die Vergleichbarkeit fehlt ... Nichtsdestotrotz werden häufig unpassende Vergleiche gezogen, um "alte" Vorschriften zumindest analog anwenden zu können.

Die Frage lautet für mich daher: Wie schafft man es, neue Normen so zu formulieren bzw. alte so umzuformulieren, dass das Potential und die neuen Funktionen der digitalen Welt (auf die Optimum sehr schön hingewiesen hat) nicht stark beschnitten werden, sondern sinnvoll nutzbar bleiben - gleichzeitig aber die Rechtssicherheit nicht darunter leidet?

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Ich teile Optimums Auffassung, dass es sich bei Google Earth und Google Street View per se um geniale Anwendungen handelt. Gleichzeitig verstehe ich die Bedenken jener, denen diese Anwendungen angesichts der allgemeinen Datensammelwut (auch und gerade der von Google selbst aber auch von Dritten, die sich die Google-Daten zu Nutze machen) etwas unheimlich werden.

Jan Spoenles Frage trifft genau den Kern: Wie ein Mindestmaß an rechtlicher Sicherheit schaffen, ohne die Innovation zu bremsen? Sicher wird man das Datenschutzrecht optimieren können und so zumindest in der Theorie eine gewisse Balance zwischen Innovation und Schutz der Individualsphäre schaffen. Praktikable Ansätze zu finden (man ist ja schon auf der Suche danach) wird aber schwierig sein. Eine wichtige Voraussetzung wäre, einen international (also auch ausserhalb der EU) anerkannten Mindeststandard zu finden, der wahrscheinlich niedriger wäre als das EU-Datenschutzniveau heute. Andererseits nützt unser hoher Standard nichts, wenn er anderswo - und insbesondere in den USA - nicht anerkannt wird.

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