Anrechnung nur der Hälfte der Beratungshilfegeschäftsgebühr

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 31.07.2008

Nochmals ein Anrechnungsfall- wenn der Partei Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt worden ist , ist nach dem 5. Senat des OLG Oldenburg- Beschluss vom 23.05.2008- 5 W 34/08- bei vorgerichtlicher Anwaltstätigkeit nur die Hälfte der Geschäftsgebühr VV Nr. 2503 und nicht die Hälfte der wirtschaftlich meist nicht durchsetzbaren Geschäftsgebühr VV Nr. 2300 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, konkret bedeutet dies, dass nur 35 Euro nebst Umsatzsteuer zu berücksichtigen sind.

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5 Kommentare

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Der 5. Senat geht zugunsten des beigeordneten Anwalts in seiner Entscheidung davon aus, dass eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV RVG angefallen ist. Dabei ist offen, ob der Mandant tatsächlich um Beratungshilfe nachgesucht hat bzw. für den Anwalt erkennbar beratungshilfebedürftig war und/oder der Anwalt im Rahmen von Beratungshilfe tätig geworden ist. Grds. erübrigen sich derartige "spekulative" Annahmen, wenn der Anwalt darauf verwiesen wird, zunächst die Beratungshilfe abzurechnen. Es stellt sich zudem die Frage, ob die Entscheidung des OLG den Anwalt dahingehend bindet, dass er keine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG für seine vorgerichtliche Tätigkeit gegenüber dem Mandanten abrechnen kann.
Mein Resümee:
Die Entscheidung erscheint wegen der darin enthaltenen Annahmen fragwürdig und wirft Fragen auf.

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Sehr geehrter Herr Schmeding,
Ihr Erstaunen über ein vermeintliches Missverständnis erschließt sich für mich nicht ohne weiteres, gleiches gilt für Ihre Würdigung, die Entscheidung des OLG Oldenburg sei fragwürdig. Im Kern ist die Sache doch ganz einfach - was ist bei PKH ohne Raten anzurechnen, wenn vorgerichtlich weder VV Nr. 2300 noch VV Nr. 2503 abgerechnet wurden? Das OLG Oldenburg unterstellt in diesem Fall, dass der Anwalt sich pflichtgemäß verhalten und auf die Möglichkeit von Beratungshilfe hingewiesen hätte. Das ist zumindest plausibel, im Gegensatz zu der Annahme,er müsse sich die fiktive Geschäftsgebühr nach VV Nr. 2300 anrechnen lassen. Mein Fazit- auch diese Diskussion zeigt, dass es Zeit wird ,dass der Gesetzgeber eingreift.

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Sehr geehrter Herr Dr. Mayer,
das Bild vervollständigt sich vielleicht, wenn Sie die vorhergehende Entscheidung LG Aurich in Ihre Bewertung einbeziehen
- Abdruck zu finden unter http://www.anwaltverein-aurich.de/Anrechnung2300.pdf.
Das OLG Oldenburg arbeitet in seiner Entscheidung freundlich formuliert mit Annahmen.
Vgl. hierzu u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.11.2008, I- 10 W 109/08:
"Ob aus der späteren Gewährung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gefolgert werden kann, dass regelmäßig bereits vorprozessual die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe erfüllt waren (so OLG Oldenburg Beschluss v. 23.06.2008, 5 W 34/08), erscheint zweifelhaft, mag aber letztlich dahinstehen."
Diese Annahmen jedoch ermutigen nun wiederum Rechtsanwalt Rohrlich auf der verlinkten Seite zu der ganz offensichtlich nicht von der Entscheidung des OLG Oldenburg gedeckten Interpretation der Entscheidung: "Gleichzeitig ist der Rechtsanwalt nicht gehindert, der eigenen Partei über die Beratungshilfe hinausgehende Kosten, nämlich die Gebühr nach Nr. 2300 VV RVG, in Rechnung zu stellen."
Wenn ich die Rede der Bundesjustizministerin vom 27.11.2008 vor dem Haushaltsausschuß richtig deute und meine weitergehenden Informationen zutreffen, scheint Ihr Wunsch so schnell nicht in Erfüllung zu gehen. Manches spricht eher für eine Weiterentwicklung des RVG nach einer zeitaufwändigeren Evaluierung des Gesetzes- vgl.
https://ssl.bmj.de/enid/720f7333a8f402888ad35bbd9a850bff,2a32c7706d635f6...

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Die 1. Zivilkammer des LG Ingolstadt befasst sich in gleich zwei Beschlüssen vom 27.10.2008 (Az. 13 T 872/08 und 11 T 1378/08)recht umfassend mit der Anrechnungsproblematik bei PKH und mit der von dem 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg in seinem Beschluss vom 23.05.2008 angesprochenen Beratungshilfeproblematik. Im Ergebnis wird der Auffassung 5. Zivilsenats (allerdings ohne einen Hinweis auf die Entscheidung) widersprochen Die weitere Beschwerde wurde jeweils zugelassen. Die Entscheidungsgründe sind recht umfassend, auf Kommentierungen gestützt und setzen sich mit eine Vielzahl von aktuellen Gerichtsentscheidungen zum Thema auseinander. Sie folgen dem Wortlaut der Anrechnungsbestimmung.

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