BAG: Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt intransparent

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 30.07.2008

Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalte sind bei Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld zwar grundsätzlich zulässig, dürfen aber nicht gleichzeitig vereinbart werden. Das ist die Quintessenz eines Urteils, das der 10. Senat des BAG am 30.7.2008 verkündet hat (10 AZR 606/07). Der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber setzt nämlich einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Hat der Arbeitnehmer auf Grund eines Freiwilligkeitsvorbehalts dagegen keinen Anspruch auf die Leistung, geht ein Widerruf der Leistung ins Leere. Ein kombinierter Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist daher unwirksam.

Eine Arbeitnehmerin, der im Arbeitsvertrag eine Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres Bruttomonatsgehalts ausdrücklich zugesagt worden war, hatte auf die Zahlung der Gratifikation geklagt. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation nicht besteht und dass diese eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers darstellt, wenn sie gewährt wird. Anders als in den Vorinstanzen hatte die Klägerin in der Revision Erfolg.

Der Senat hat den Fall allerdings genutzt, um der rechtsgestaltenden Praxis weitere Hinweise zu geben: Der Arbeitgeber könne bei Sonderzahlungen – anders als bei laufendem Arbeitsentgelt – grundsätzlich einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige Bezugszeiträume ausschließen. Er könne sich die Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er künftig Sonderzahlungen gewährt. Für die Wirksamkeit eines solchen Freiwilligkeitsvorbehalts komme es nicht auf den vom Arbeitgeber mit der Sonderzahlung verfolgten Zweck an. Der Vorbehalt sei auch dann wirksam, wenn der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich honoriere. Der Arbeitgeber müsse auch nicht jede einzelne Sonderzahlung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden. Es genüge ein entsprechender Hinweis im Arbeitsvertrag. Ein solcher Hinweis müsse in einem Formulararbeitsvertrag allerdings dem Transparenzgebot gerecht werden und deshalb klar und verständlich sein.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen