Expertenanhörung: Sicherungsverwahrung für Jugendliche überwiegend abgelehnt

von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg, veröffentlicht am 03.06.2008

Überwiegend negativ bewerten Experten das Vorhaben der Bundesregierung, jugendliche Straftäter unter bestimmten Umständen nachträglich in Sicherungsverwahrung zu nehmen. Dies zeigte sich in der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses des Bundestags am 27. Mai 2008 zum Gesetzentwurf der Regierung (BT- Ds 16/6562).

Beurteilung der Gefährlichkeit bei Jugendlichen schwierig 

Das Interesse der Allgemeinheit am effektiven Schutz vor hochgefährlichen Straftätern sei zu respektieren, sagte Gerhard Schäfer, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof. Es sei auch anzuerkennen, dass der Entwurf sich bemühe, die Voraussetzungen für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung bei Anwendung des Jugendstrafrechts so einzuengen, dass diese in der Tat als "ultima ratio" verstanden werden könne. Dennoch habe er starke Vorbehalte, zumal bei jungen Menschen die Beurteilung der Gefährlichkeit nicht verlässlich festgestellt werden könne.

Gesellschaft auf andere Art vor Wiederholungstätern schützen

Der Bundestag solle, ehe er das Gesetz verabschiede, über eine grundsätzliche Neukonzeption des gesamten Sicherungsverwahrungsrechts nachdenken, empfahl Prof. Dr. Arthur Kreuzer, emeritierter Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für Kriminologie an der Universität Gießen. Nach RiAG Thomas Ullenbruch  verstößt die geplante Neuregelung gegen das Grundgesetz. Seiner Meinung nach sollte der Rechtsausschuss die Sache ad acta legen; die Bundesregierung solle vielmehr eine Kommission einsetzen, die den staatlichen Handlungsbedarf zum Schutz vor Wiederholungstäter aller Altersgruppen prüfen solle.

Auch einige Befürworter

Zu den Befürwortern des Gesetzentwurfs zählt Edwin Pütz, Leiter der Jugendarrestanstalt Düsseldorf. Die geplante Änderung des JGG seine sinnvolle und seines Erachtens notwendige Ergänzung des jugendgerichtlichen Katalogs an Sanktionen. Er warnte davor, die Augen vor der Wirklichkeit zu verschließen: Auch unter jungen Menschen gebe es immer wieder solche, die in ihrer Art und ihrem Verhalten keinerlei Respekt vor dem Leben oder Freiheit anderer Personen hätten. Diese Eigenschaften eigneten sie sich auch nicht während der Verbüßung einer Jugendstrafe an. Wenn während des Vollzugs einer Jugendstrafe erkannt werde, dass der Verurteilte nach wie vor gefährlich sei, weil er eben nicht über die für eine positive Prognose erforderlichen Eigenschaften verfüge, müsse es dem Staat möglich sein, diese Gefahr durchgeeignete Maßnahmen zu begegnen. Auch Matthias Konopka, Leiter der Justizvollzugsanstalt Straubing, begrüßte den Gesetzentwurf.

 

 

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