Kontroverse um die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für die Leiharbeitsbranche

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 11.05.2008

Die Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist derzeit Gegenstand einer heftigen Kontroverse, die in mehreren Beiträgen von Schüren (NZA 2007, 1213) und Lembke (NZA 2007, 1333) in der NZA 2007 gipfelte und jetzt in Heft 8 der NZA 2008 eine Fortsetzung gefunden hat. Die Debatte wird vor dem Hintergrund geführt, dass die die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG grundsätzlich denjenigen des Stammpersonals im Einsatzunternehmen entsprechen müssen (equal treatment bzw. equal pay). In Tarifverträgen kann allerdings hiervon abgewichen werden. Als Partner für solche Tarifverträge hat sich die Zeitarbeitsbranche vor allem die CGZP ausgesucht. Die in diesen Tarifverträgen festgesetzten Entgelte sind auffallend niedrig. Insbesondere von Schüren wird allerdings die Tariffähigkeit der CGZP bestritten. Schürens (NZA 2008, 453 ff.) vorerst letzter Beitrag endet mir der klaren Aussage, die CGZP sei für Leiharbeitsverhältnisse nicht tariffähig, weil sie neben den aus Arbeitnehmerperspektive schlechtesten Flächentarifverträgen im Land auch eine Vielzahl von Billigst-Firmentarifverträgen im Interesse und auf Wunsch von einzelnen Arbeitgebern abschließe. Sie vertrete keine Arbeitnehmerinteressen, sondern versorge Arbeitgeber mit für diese vorteilhaften Tarifverträgen. Lembke (NZA 2008, 451 ff.) bleibt hingegen bei seiner entgegengesetzten Meinung. Gegenstand seines neuesten Beitrags ist die Entscheidung des BAG vom 28.1.2008 (NZA 2008, 489), die sich zu den Voraussetzungen eines Aussetzungsbeschlusses in dieser Angelegenheit, nicht jedoch zur Sache selbst verhält. Die Argumente dürften nunmehr weitestgehend ausgetauscht sein. Eine baldige gerichtliche Klärung dieser äußerst praxisrelevanten Frage wäre sehr wünschenswert.

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3 Kommentare

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Ich habe die Rechtssprechung bislang so verstanden, im Zusammenhang mit der "Gewerkschaft" CGM: wer Tarifverträge abschliesst, ist auch tariffähig. Darauf wurde auch Bezug genommen in der VG Berlin VG 4 A 439.07 Entscheidung bzgl. der "Gewerkschaft" GNBZ, was dazu führte das nun doch kein Mindestlohn gelten soll, weil die "Gewerkschaft" ja einen Tarifvertrag mit der AGV NBZ abgeschlossen hatte. (In der Entscheidung werden die Zweifel an der "Gewerkschaft" GNBZ durchaus erwähnt)

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Es ist mehr und mehr unerträglich, wie weit sich die DGB-Gewerkschaften von der fdGO entfernen. Koalitinsfreiheit heisst nun einmal, dass Arbeitnehmer sich auch "ihre" Gewerkschaft frei aussuchen dürfen, und dass Richtungsgewerkschaften ebenso Bestandsschutz geniessen. Statt in den Wettbeweerb zu treten, suchen die DGB-Gewerkschaften aber letztlich nur, ungeliebte Nebenbuhler mit juristischen Angriffen aus dem Rennen zu schiessen. Warum schaffen denn die DGB-Gewerkschaften es nicht, hinreichend Boden unter die Leiharbeitsfüsse zu bekommen? Warum schliessen denn die DGB-Gewerkschaften AÜ-Tarife "verdammt nah" am CGB? Warum soll eigentlich die DGB-Tarifgemeinschaft tariffähig sein (will der DGB und die IGM etwa behaupten, sie seien im Zeitarbeitsbereich streikfähig?!?) - Tipp: selbst an der Nase packen!

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